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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Joachim Obergfell-Fuchs, Rüdiger Wulf<br />

hierfür verantwortlichen Faktoren“. Die Länder haben dies in ihren Jugendstrafvollzugsgesetzen<br />

weitestgehend verankert. 2 Nicht nur die Rechtsprechung,<br />

auch die Politik fordert Evaluationen des Jugendstrafvollzugs. Daher<br />

sind die Landesjustizverwaltungen an solchen Daten interessiert, vor allem<br />

im Ländervergleich. Beim „Länderbechmarking“ Baden-Württemberg, Hessen<br />

und Niedersachsen war in zwei Arbeitsgruppen zur Wirksamkeit des<br />

Justizvollzuges, u. a. zur Sozialtherapie, festzustellen, dass die Vorstellungen<br />

über gute Evaluationen weit auseinander liegen. Und schließlich wollen<br />

und sollen die Bürgerinnen und Bürger wissen, ob die Steuermittel effektiv<br />

und effizient ausgegeben werden. 3<br />

Aus kriminologischer und kriminalpräventiver Sicht ist die Hinwendung zur<br />

Evaluation uneingeschränkt zu begrüßen. Nur so kann man Erfahrungen<br />

sammeln und den Jugendstrafvollzug weiterentwickeln. Nur auf das Urteil<br />

von Projektbeteiligten darf man sich nicht verlassen; jeder findet sein eigenes<br />

Projekt gut. So kann es sein, dass Praktiker und junge Gefangene eine<br />

Maßnahme übereinstimmend für wirksam halten, sich objektiv aber nichts<br />

bewegt. Daher sind Evaluationen die auf ausschließlich qualitativer Methodik<br />

beruhen, kritisch zu bewerten, wenn zugleich auf exaktere quantitative<br />

Messmethoden verzichtet wird. 4 Ohne Evaluation oder mit unzureichender<br />

Evaluation reiht man Maßnahme an Maßnahme, ohne deren Wirksamkeit zu<br />

kennen. Evaluationen gibt es nicht umsonst. Für die Kriminalprävention <strong>–</strong><br />

Jugendstrafvollzug ist tertiäre Kriminalprävention - wird gefordert, zehn<br />

Prozent des gesamten Budgets in die Evaluation zu investieren. 5<br />

2. Struktur der Begleitforschung im Projekt Chance<br />

Ein Beispiel für eine aufwändige Evaluation ist die Begleitforschung des baden-württembergischen<br />

Jugendstrafvollzuges in freier Form. Das „Projekt<br />

Chance“ wird seit 2003 im historischen Gutshof „Seehaus“ bei Leonberg<br />

und im Kloster Creglingen-Frauental durchgeführt. Die wissenschaftliche<br />

Begleitung des Projekts wurde von der Robert Bosch Stiftung finanziert.<br />

2 Vgl. statt aller § 19 JStVollzG Baden-Württemberg.<br />

3 Baden-Württemberg wendet zum Beispiel im Jahr ca. 25 Mio. Euro für den Jugendstrafvollzug<br />

auf.<br />

4 Zur Problematik quantitative vs. qualitative Evaluationsforschung vgl. Bortz, J, Döring,<br />

N.: Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler, 4. Aufl.<br />

Heidelberg 2006, S. 296ff.<br />

5 Baden-Württemberg müsste daher im Jahr ca. 2,5 Millionen € für die Evaluation des Jugendstrafvollzuges<br />

ausgeben.

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