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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Unbefristete Sanktionen und ihre Dauer 323<br />

Mindestverbüßungsdauer hinaus inhaftiert bleibt, wenn dafür keine in überprüfbarer<br />

Weise festgestellten sachlichen Gründe vorliegen. 5<br />

Wie lange dauern lebenslange Freiheitsstrafen? Die Antwort ist nicht nur<br />

methodenabhängig, sondern wird auch durch die Perspektive bestimmt, aus<br />

der die Frage gestellt wird.<br />

In kriminalpolitischen Diskussionen über „gefährliche Straftäter” und die<br />

Verhinderung erneuter schwerer Delikte wird man an einer Prognose interessiert<br />

sein, wie lange Verurteilte, die gegenwärtig in den Strafvollzug gelangen,<br />

voraussichtlich dort bleiben werden. Dafür gibt es Methoden der Verlaufsdatenanalyse.<br />

Ein bekanntes Beispiel sind Sterbetafeln (Lynch & Sabol<br />

1997; Patterson & Preston 2008), mit denen die Lebenserwartung bestimmter<br />

Altersjahrgänge geschätzt wird. Entsprechende Daten zur lebenslangen<br />

Freiheitsstrafe in Deutschland liegen allerdings bisher nicht vor.<br />

Traditionell beziehen sich Datenerhebungen zur Vollzugsdauer von <strong>Freiheitsentziehung</strong>en<br />

auf solche Personen, die bereits aus dem Vollzug entlassen<br />

wurden oder deren Vollzugsaufenthalt aus anderen Gründen beendet ist. 6<br />

Damit können Haftzeiten erst nachträglich bestimmt werden. Diese Methode<br />

erfasst mit hoher Wahrscheinlichkeit abgeschlossene Vollstreckungsverläufe,<br />

bei denen sich die Werte nicht nachträglich erhöhen werden. Widerrufe<br />

der Aussetzung der Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung<br />

sind sehr selten. 7 Darüber hinaus ist der Erhebungsaufwand relativ<br />

gering. Diesem Ansatz folgt auch eine regelmäßige Erhebung der KrimZ bei<br />

den Landesjustizverwaltungen, die seit 2002 durchgeführt wird (Dessecker<br />

2010).<br />

5 BVerfG, Beschluss vom 30. April 2009 <strong>–</strong> 2 BvR 2009/08 (http://www.bverfg.de/).<br />

6 Siehe als Beispiele Anttila & Westling (1965); BVerfG, Urteil vom 21. Juni 1977 <strong>–</strong> 1<br />

BvL 14/76 (= BVerfGE 45, 187 ); Freiberg & Biles (1975, S. 51 ff.); Greenfeld<br />

(1995); Müller-Isberner et al. (2007); Seifert (2007, S. 43).<br />

7 Nach der Legalbewährungsstudie von Jehle et al. (2003, S. 59) wurden während eines<br />

Beobachtungszeitraums von 4 Jahren nach einer Entlassung aus lebenslanger Freiheitsstrafe<br />

knapp 21 % der früheren Gefangenen erneut verurteilt; diese Rückfallquote<br />

lag noch unter derjenigen bei Geldstrafen. Mehr als die Hälfte der neuen Verurteilungen<br />

betraf zudem lediglich Geldstrafen, was einen Widerruf der Strafaussetzung (§§ 57a III,<br />

56f StGB) unwahrscheinlich macht.

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