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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Weg vom Schlägerimage? 193<br />

rum sollten Rechtsextremisten sich nicht ernsthaft um die Nöte und Sorgen<br />

von Menschen kümmern, ist es nicht zu einfach, ihnen bloß strategische Motive<br />

zu unterstellen? Gleichwohl verüben Rechtsextremisten in Deutschland<br />

mehr Straf - und Gewalttaten als zuvor (vgl. Verfassungsschutz 2009, 36)<br />

und das Postulat „Weg vom Schlägerimage“ scheint für große Teile der<br />

rechtsextremen Szene nicht von bindendem Charakter zu sein. Trotzdem<br />

stellt sich die Frage, was den Kern der Gemeinschafts- und Erlebnisangebote<br />

der extremen Rechten ausmacht. Die Antwort fällt nicht schwer, denn es ist<br />

nicht nur das Ziel dieser Bestrebungen, wie von einem Jugendpfleger vermutet<br />

(s.o.), selbst in der Gesellschaft anerkannt zu werden, sondern vielmehr<br />

auch selbst Anerkennung denen anzubieten, die im Fokus ihrer Rekrutierungsstrategien<br />

stehen.<br />

Im sozialphilosophischen Diskurs zu Anerkennung können drei Dimensionen<br />

unterschieden werden, die für jede Person von Bedeutung ist (vgl.<br />

Honneth 1992, 153): Menschen sind demnach erstens abhängig von wechselseitiger<br />

„Anerkennung in Liebesbeziehungen“ (Partnerschaft, Freundschaft,<br />

Eltern-Kind-Beziehungen o.ä.). Sie sind zweitens abhängig von<br />

„rechtlicher Anerkennung“ (Freiheit, Unversehrtheit, Besitz, Teilhabe an öffentlicher<br />

Willensbildung oder das Recht auf faire Distribution von Grundgütern).<br />

Und schließlich sind Menschen drittens abhängig von „Anerkennung<br />

als sozialer Wertschätzung“: Gemeint ist das Vertrauen eines Individuums,<br />

Leistungen zu erbringen und Fähigkeiten zu besitzen, die von der übrigen<br />

Gesellschaftsmitgliedern als „wertvoll“ anerkannt werden (ebd. 209).<br />

Ohne kollektive Abstufung erhält das Subjekt die Chance, sich in seinen eigenen<br />

Leistungen und Fähigkeiten als wertvoll für die Gesellschaft zu erfahren<br />

(ebd. 210). Es bleibt an dieser Stelle die offene Frage, wie viele Menschen<br />

in dieser Gesellschaft Anerkennung als soziale Wertschätzung nicht<br />

(mehr) erfahren und von gesellschaftlicher Teilhabe ausgeschlossen und vergessen<br />

sind, auch weil viel potentielle zivilgesellschaftliche oder politische<br />

Kräfte (Kirchen, Parteien, Vereine, Gewerkschaften, Verbände), als potentielle<br />

Träger, die solcherlei Anerkennung aussprechen könnten, im Zuge des<br />

gesellschaftlichen Wandels und der zunehmenden gesellschaftlichen Fragmentierung<br />

(Individualisierung) an vielen Orten nicht mehr präsent sind. Unter<br />

solchen Umständen können dann auch die Angebote zur Teilhabe an der<br />

„Volksgemeinschaft“ einen völlig anderen Nährboden finden.<br />

Es gibt keine „Patentrezepte“ für den Umgang mit Rechtsextremismus: Weder<br />

in der Prävention noch in der Intervention. Das belegen beispielsweise<br />

die zahlreichen gelungenen aber auch gescheiterten Modellprojekte, die seit<br />

dem ersten Bundesprogramm „Aktionsprogramm gegen Aggression und Ge-

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