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Gewaltdelinquenz – Lange Freiheitsentziehung – Delinquenzverläufe

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Werden Strafen immer härter? 221<br />

setzten mit dem Ergebnis, dass nur ein Drittel (vollendete Delikte) bis ein<br />

Fünftel (versuchte Delikte) der polizeilichen Tötungskriminalität auch gerichtlich<br />

als Tötungsdelinquenz bewertet wurde (vgl. Hess 2010).<br />

Bei den Raubdelikten lässt sich im Zeitraum 1975-2004 zwar eine nahezu<br />

Verdoppelung der absoluten Verurteiltenzahlen erkennen, jedoch sind die<br />

Zahlen seit 2004 rückläufig (vgl. Tabelle 4). Im Gefolge der Kritik an dem<br />

zu hohen Mindeststrafrahmen (früher durchweg 5 Jahre Freiheitsstrafe bei<br />

allen schweren Raubdelikten) und der teilweisen Absenkung der<br />

Strafrahmen durch das 6. StRG 1998 sind die Freiheitsstrafen von 5-10<br />

Jahren leicht rückläufig, während diejenigen zwischen einem und zwei<br />

Jahren bei gleichzeitig vermehrten Strafaussetzungen zur Bewährung<br />

zunahmen. Insgesamt hat sich in diesem Deliktsbereich daher tendenziell<br />

eine Milderung der Strafzumessungspraxis ergeben. 3<br />

Anders ist die Situation bei der gefährlichen Körperverletzung, d. h. der<br />

Körperverletzung unter Einsatz von Waffen, von mehreren gemeinschaftlich<br />

u. ä. Die absoluten Verurteilungszahlen haben sich 1975-2006 etwa verdoppelt<br />

(vgl. Tabelle 5). Dieses Delikt war nach Ansicht des Gesetzgebers in der<br />

Strafandrohung zu milde und in der Tat wurden in der Regel Geldstrafen<br />

verhängt (1975 waren z. B. nur knapp 29 % der gerichtlich verhängten Sanktionen<br />

Freiheitsstrafen, davon 63 % zur Bewährung, vgl. Tabelle 5). Durch<br />

das 6. StRG vom April 1998 wurde der frühere Strafrahmen von 3 Monaten<br />

bis 5 Jahre verdoppelt (auf 6 Monate bis zu 10 Jahre). Im Gefolge<br />

verdoppelte sich in der Strafzumessungspraxis der Gerichte der Anteil von<br />

Freiheitsstrafen von 37 % im Jahr 1995 auf 74 % im Jahr 2006 (für<br />

Gesamtdeutschland 2008: 76 %). Zwar werden mehr als 80 % der<br />

Freiheitsstrafen in diesem Deliktsbereich zur Bewährung ausgesetzt (2006<br />

bzw. 2008: 83 %), jedoch bleibt die Zunahme unbedingter Freiheitsstrafen<br />

nach absoluten Zahlen beachtlich und wirkt sich auch auf die<br />

Strafvollzugspopulation erkennbar aus (vgl. Dünkel/Morgenstern 2010,<br />

Abbildung 9). Im Übrigen hat sich bei den längeren Freiheitsstrafen (mehr<br />

als zwei Jahre) praktisch kaum etwas verändert. Der leichte Anstieg von<br />

Freiheitsstrafen zwischen einem und zwei Jahren wurde durch eine<br />

vermehrte Strafaussetzung zur Bewährung (von 11 % 1975 auf 69 % 2006;<br />

2008: 67 %) „aufgefangen“, hat sich also nur begrenzt auf die Haftbelegung<br />

3 Als alternative Interpretation ist allerdings auch denkbar, dass durchschnittlich weniger<br />

schwere Raubdelikte zur Anklage gelangen, die mit weniger und weniger langen Freiheitsstrafen<br />

sanktioniert werden, siehe hierzu Dünkel/Gebauer/Geng 2008, S. 309 ff. m.<br />

w. N.

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