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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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99Der Sohn als das Prinzip Mann gleicht in seinem Betragen wiederum seinem Vater. DennRainers Abhängigkeit ist„ein Erbteil von seinem Vater […] in verjüngter Gestalt. Sie mochte auf einem kaumerklärlichen Magnetismus der zwischen Körperlichem und Seelischem lagernden Schichtenberuhen, diese Abhängigkeit: ich lähmte durch meine Ausstrahlung eine wennschonschmächtige, so doch zähe und zielbewußte Tatkraft, ich sog sie an mich und sieunterordnete sich mir ohne Gefühl der Selbstaufgabe, ja mit einer Art Wollust. Wie einstsein Vater, so wollte er jetzt lieber das eigene Leben in meinem aufgehen lassen, als sich derWelt gegenüber behaupten.“ (R. S. 130)Die Parallelität der männlichen Schicksale ergibt sich aus ihrer Unterordnung unter dasmütterliche Wesen der Frau; denn Muriel war nicht nur die Mutter für ihren Sohn -mütterliche Gefühle hegte sie auch zu ihrem jüngeren Gatten, wodurch sie „seineEntfaltung gehemmt hätte“ (R. S. 109.). Obschon sie „den gleichen Fehler nicht einzweites Mal“ (R. S. 109) begehen will, so besteht sie doch weiterhin auf ihrer mütterlichenKraft, mit welcher sie ihre Macht zu konstituieren versucht. In diesem Zusammenhang istes relevant, dass es von den sie umgebenden Männern nur ihr erster Mann, Paladin,vermochte, sich von ihr aus freier Entscheidung zu lösen: er willigte ohne Einsprüche indie Scheidung ein, um sie glücklich zu machen – für Paladin spielte Muriel keineMutterrolle.Dass Muriel ihre Mütterlichkeit als ein Werkzeug der Manipulation in Bezug aufdie anderen benutzt, wird auch in ihrer Beziehung zu Renée sichtbar, die gleich Rainer inein Abhängigkeitsverhältnis zu Muriel gerät. Renée handelt „zum erstenmal gegen MurielsWillen“ (M. S. 258) erst in dem Augenblick, als sie das Leben ihres Mannes in Gefahrsieht und entgegen den Empfehlungen Muriels ihm zuerst in die Schweiz und dann nachDeutschland nacheilt.Um das Bild Muriels abzurunden, soll noch hinzugefügt werden, dass sich in demvon Muriel repräsentierten Mütterlichkeitskonzept ebenfalls die Einflüsse der gemäßigtenFrauenrechtlerinnen verzeichnen lassen. Es ist z. B. kennzeichnend, dass Muriel ihreFehlhandlung in Bezug auf Rainer einsieht: schuld daran, dass sie ihren Sohn von sichabhängig machte, sei „jene egoistische, triebhafte Form von Mütterlichkeit“ (M. S. 643).Daraus lässt sich schlussfolgern, dass es mehr als nur eine ‚Mütterlichkeitsform’ gebenkann: Eine von ihnen ist die eben genannte triebhafte Mütterlichkeit; die andere

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