11.07.2015 Aufrufe

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

219die zwischen Papa und Manno bestand, in mir zum Ausgleich zu kommen suchte.“ 415 (Z. S.97)In der Relation zu dem Musiker Manno muss sich Merula <strong>im</strong>mer als die stärkerebewahren: sie steht ihrem Bruder in jeder Situation zur Seite und unterstützt ihn nachKräften. Sie fühlt sich für ihn verantwortlich und zeigt sich <strong>im</strong>mer bereit, für ihn alles zuertragen und die eigenen Wünsche zurückzustellen:„Neben dem Verantwortungsgefühl, das mich von frühester Kindheit an wie etwasAngeborenes best<strong>im</strong>mte und leitete, hegte ich auch eine tiefe Bewunderung für ihn und warso bereit, anzunehmen, daß alles, was er dachte und wollte, seine Berechtigung habenmüßte.“ 416 (Z. S. 213)Aus dem Abhängigkeitsverhältnis von ihrem Vater gerät Merula in ein zweites: diesmalvon ihrem Bruder. Sie übern<strong>im</strong>mt die Rolle der Begleiterin ihres Bruders nicht nur auf derBühne, sondern auch <strong>im</strong> Leben:„[…] da ich ihn nicht von seinem Irrtum zu überzeugen vermochte – ihn wenigstensbeschützen, warnen, mich zwischen ihn und die schl<strong>im</strong>msten Gefahren stellen wollte. Dafürbin ich vielleicht eine Frau, dass mir dies zunächst wichtiger schien als mein eigener Weg.“(Z. S. 207)Es wird hier deutlich, dass für die Protagonistin die Frau gleichsam dazu prädestiniertscheint, sich selbst in den Hintergrund zu stellen und auf die eigene Selbstverwirklichungzu verzichten. Merula ist bereit, sich für ihren Bruder aufzuopfern, weil ihre weiblicheNatur sie dazu best<strong>im</strong>mt: sie steht folglich für einen weiblichen Altruismus – eine Haltung,die sich laut den Frauenrechtlerinnen Helene Lange und Gertrud Bäumer aus derweiblichen Eigenart ergibt. 417Auf der anderen Seite ist es nicht zu übersehen, dass Merula ihre Aussage relativiert,indem sie sich der Partikel „vielleicht“ bedient. Dass ihre Akzeptanz der Rolle der415 Die Frau wird hier folglich als ein quasi Frieden stiftendes Prinzip dargestellt, das sich <strong>im</strong> Gegensatz zudem männlichen Prinzip befindet, das für Konflikt und Spannung steht: es ist ein Denken <strong>im</strong> SinneBachofens, welcher ähnliche Attribute dem Mutter- und Vaterrecht zusprach.416 Die Einstellung der Protagonistin zu ihrem talentierten Bruder lässt dabei an das Verhältnis zwischen <strong>Ina</strong>Seidel und ihrem Bruder Willi Seidel denken, den die Dichterin bewunderte. Siehe mehr dazu <strong>im</strong> KapitelLeben und Werk.417 Vgl. das Kapitel zu Lange und Bäumer.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!