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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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222Weibliche nur in der Rolle der Ehefrau und Mutter existieren; erst durch den Mann kanndie Frau zu sich selbst kommen:„Was wollte er [Rasmus] denn sonst noch? Ein Mädchen zur Frau – zur Mutter machen…Ihm die Wirklichkeit – die heilige, erdbedingte Wirklichkeit seines Lebens erschließen…Sonderbare Erschütterung! Hatte er je in dieser über den Besitz ihrer Personhinausgreifenden Weise für eine Frau empfunden? Je geglaubt, daß der Wunsch, ein jungesWeib zu dem zu führen, was seine Best<strong>im</strong>mung war, mit zum Inhalt einer zwingendenLeidenschaft werden könnte?“ (Z. S. 117)Verblüffend ist nicht nur, dass der männliche Erzähler sein Besitzdenken in Bezug auf dieFrau nicht einmal zu verstecken versucht, sondern auch dass er darüber hinaus sich als eineArt Führer der Frau versteht, was sie zu einem willenlosen Objekt macht. In den Augendes Arztes erscheint Merula als eine Kranke, die der Heilung bedarf, wobei das besteHeilmittel wiederum der Mann darstellt: „Schöne Geschichten sind das ja, die dudurchgemacht hast, Mädchen! Aber, paß auf, jetzt kommst du zu mir und alles wirdanders!“ Das sagte sein Herz, wenn er diese bösen Dinge las […]“ (Z. S. 169). „DieKrankheit, an der Merula litt“ (Z. S. 169), war nach Meinung des Arztes ihr BruderManno: der Arzt will zwar, dass sich Merula von diesem Abhängigkeitsverhältnis befreit,er räumt ihr jedoch keinen eigenen Bewegungsfreiraum ein. Denn Merula soll sich vondem Bruder lösen, um demnächst die Frau des Arztes zu werden; ein anderes Schicksal istfür Rasmus nicht denkbar. Mit diesem Anspruch, Merula zu seiner Frau zu machen, gehtzugleich die Forderung einher, sie an die Erde zu binden. Eine Bestätigung findet man indem bereits zitierten Wunsch des Arztes, in welchem er von der Erschließung der„erdbedingten Wirklichkeit“ für Merula spricht. Die Bindung der Frau an den Mannbedeutet hier also auch die Bindung an das Irdische. Die Frau wird <strong>im</strong> doppelten Sinn ihrerEigenständigkeit beraubt: indem ihr das Recht auf Selbstständigkeit abgesprochen wirdund indem sie jeweils ein anderes Abhängigkeitsverhältnis eingehen muss. DasGebundensein der Frau an die Erde erweist sich in diesem Kontext als ein Mittel, mit demder Mann seine Macht über die Frau konstituiert. Dass die Figur der Klavierspielerin ebenerdentrückt zu sein scheint, ist für Rasmus eine beunruhigende Erscheinung:„Er stellte für sich fest, daß ihr Gesicht aber durch einen Zug verzweifelterWillensanpassung wie das Antlitz einer Verzückten – einer Märtyrerin wirkte, weder alt

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