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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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216einer Tante erzogen. Im Roman treten sie als bereits erwachsene junge Menschen auf, dieauf sich selbst angewiesen in Raduhn leben.Bereits die Figurenkonstellation legt nahe, dass hier das Prinzip derGeschlechtszugehörigkeit das leitende ist. Denn Merula Orley ist in erster Linie dieSchwester ihres Bruders, die Tochter ihres Vaters und die zukünftige Gattin von Rasmus.Es ist bemerkenswert, dass ihre Beziehung zur Mutter nicht auf Identifikation beruht; sieselbst bringt mehrmals zum Ausdruck, dass sie mehr ihrem Vater ähnelt, während ihrBruder der Mutter ähnlich ist:„Und daß zwischen ihm [dem Vater Merulas – N. N.] und mir eine Verbundenheit bestand,die keiner Worte, keiner Zeichen bedurfte – ein Einklang wie zwischen zwei verschiedengebauten, aber völlig auf e i n e n Ton gest<strong>im</strong>mten Instrumenten -, das weiß ich erst heute[…].“ 412Die Umgebung Merulas setzt sich vor allem aus männlichen Gestalten zusammen, siescheint unfähig zu sein, eine engere Beziehung zu einer Frau aufzubauen. Obwohl sie demVater gegenüber nicht unkritisch eingestellt ist, ist für sie die Mutter nicht von so großerBedeutung wie für ihren Bruder. Auch die Beziehung zur Großmutter und zur Tante, diebeide nach dem Verschwinden der Mutter für die Erziehung der Kinder sorgten, ist durchDistanz und Unverständnis gekennzeichnet. Nichts desto weniger hat Merula keineSchulfreundin und auch sonst niemanden, dem sie sich anvertrauen könnte. Im Verhältniszu Gleichaltrigen hält sie sich <strong>im</strong>mer an der Seite Mannos, mit ihm verbindet sie letztenEndes ihre berufliche Laufbahn: bei öffentlichen Auftritten begleitet sie <strong>im</strong>mer ihrenBruder auf dem Klavier, während er Geige spielt. Da die Klavierspielerin von männlichenGestalten umkreist zu sein scheint, sollen ihre Beziehungen zu Männern etwas genaueruntersucht werden.Bereits in ihrer Einstellung zum Vater macht sich ein Charakterzug Merulasbemerkbar, der in ihrer Beziehung zum Bruder und zu Rasmus bestätigt wird. DieKlavierspielerin ist nämlich nicht <strong>im</strong> Stande, sich gegen die männliche Ordnungaufzulehnen, obwohl sie deren Mängel bemerkt. Obgleich sich die Protagonistin nurungenau an die Mutter erinnern 413 kann, zeigt ihr Urteil über die Ehe der Eltern deutlich,412 <strong>Ina</strong> Seidel: Der Weg ohne Wahl. Stuttgart 1933, S. 88. Bei Zitaten aus dem Roman wird dieSeitennummer <strong>im</strong> laufenden Text mit der Sigle Z in Klammern angegeben.413 Es ist kennzeichnend, dass sich Merula die Meinung über ihre Mutter hauptsächlich aufgrund der Briefeder Mutter an ihren Gatten bilden kann, weil das Schicksal der Mutter, wie bereits gesagt, den Kindern

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