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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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150Akt des Austritts aus der Kirche ihrer Kindheit entledigt sich die Hauptfigur der Knebelungin Rollenzwänge durch den Vater und begründet damit den Zentralkonflikt des Romans.“ 330Die Heirat mit Richard Alves, einem protestantischen Gelehrten, führt auch zum BruchElisabeths mit dem Elternhaus. Nur noch durch den he<strong>im</strong>lichen Briefwechsel mit derMutter hat Elisabeth Kontakt zur Familie.Aus Liebe zu ihrem Mann ändert die Katholikin Elisabeth ihre Konfession und wirdzu einer Protestantin: die völlige Loslösung von den Regeln, die ihr Leben bisherbest<strong>im</strong>mten, muss sie jedoch mit einem hohen Preis bezahlen. Ihr ganzes Leben lang quältsich Elisabeth mit Gewissensbissen, die sie durch strenges Pflichtbewusstsein zu beseitigenversucht: Es war so wenig möglich „Elisabeth eine Sorge auszureden wie einem Süchtigensein gewohntes Gift.“ (E. S. 293) Die einzige Möglichkeit der Erlangung der geistigenStabilität scheint für die Protagonistin die Akzeptanz der von ihr in Frage gestellten Regelnzu sein. Nach den erlebten Zusammenbrüchen versucht Elisabeth um so stärker ihre Fehlerwieder gut zu machen: sie bemüht sich um die Rückkehr in die katholische Kirche undgeht gewissenhaft ihren Pflichten nach, um sich dem Wunschbild des Vaters anzupassen.Der anfängliche Lebensweg Elisabeths lässt sie als eine emanzipierte Frauwahrnehmen: Elisabeth besteht auf ihrer Meinungs- und Entscheidungsfreiheit und lässtsich nicht von ihrem Vater beherrschen. Doch diese Haltung wird allem Anschein nachvon <strong>Ina</strong> Seidel nicht als die richtige dargestellt: denn Elisabeths Emanzipationsversuchewenden sich letzten Endes gegen sie selbst und sind die Ursache ihres ständigenpsychischen Leidens. Die selbstbewusste, aktive Frau wird schwermütig, leidend undkrank. Als sie die Entscheidung zur Rückkehr in die katholische Kirche trifft, wird ihrbewusst, dass sie durch „ein Labyrinth neuer Verzweiflung“ (E. S. 62) gejagt wird – dieMetapher des Labyrinths versinnbildlicht wiederum Elisabeths Verirrung und die Suchenach dem richtigen Weg <strong>im</strong> Leben. Dass Elisabeths Ausbruchsversuch von vornherein zumScheitern verurteilt war, bestätigt vor allem das folgende Zitat:„Wenn sie das alles [die Erinnerung an das Elternhaus, an die Geschwister, das Bild, denGeruch, den Geschmack der He<strong>im</strong>at – N. N.] damals aus ihrem Herzen ausgerottet und unterdie Füße getreten zu haben meinte, so hat eben damit die Selbsttäuschung bei ihr begonnen.Elisabeth ist katholisch gewesen – und geblieben! – in dem Sinne, wie sie die Tochter ihrer330 Gabriele Thöns: Aufklärungskritik und Weiblichkeitsmythos – die Krise der Rationalität <strong>im</strong> Werk <strong>Ina</strong><strong>Seidels</strong>. Düsseldorf 1984, hier S. 216.

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