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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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182Beachtenswert ist, dass Christophs Besitzdenken in Bezug auf Delphine quasi‚begründet’ ist – denn eben Christoph ist es, dem Delphine ihr Leben zu verdanken hat:„Dies Kind [Delphine], ging es ihr [Cornelie] auf, wäre ihr unter den Händenhingeschwunden, wäre verfallen, zergangen und läge längst bei seiner Mutter <strong>im</strong> Grabe,wenn er [Christoph] nicht gewesen wäre! […] Er – drei Monate älter als die kleine Delphine– er hielt sie am Leben.“ (W. S. 79)Um hier mit Irmgard Hölscher zu sprechen:„Wie Gott dem Adam, so haucht Christoph Delphine buchstäblich Leben ein, in einer Szene,in der die beiden Kinder in einer Wiege liegen und Christoph <strong>im</strong> Schlaf ‘seine Atemzüge zudem kleinen Nachbargeschöpf hinhauchte’. Mit diesem quasi ‚Schöpfungsakt’ wird aber eineWechselwirkung in Gang gesetzt, die dazu führt, daß Christoph (der ‚Schöpfer’) ohneDelphine (sein ‚Geschöpf’) nicht mehr leben kann.“ 370Die angeführte Episode zeigt jedoch nicht nur, dass zwischen den Kindern einAbhängigkeitsverhältnis hergestellt wird. Es wird hier auch die Suggestion sichtbar, dassDelphine als Frau eine Art leeres Gefäß darstelle, das erst durch des Mannes Atemausgefüllt werden kann. Bedenkt man darüber hinaus, dass Delphine als Elementarwesenkeine Seele besitzen soll, so gewinnt das Bild der Frau als leeres Gefäß deutlich anIntensität. Man kann deswegen die Behauptung aufstellen, dass Delphine als Christophs„Geschöpf“ eine Art Projektionsfläche für die männlichen Wünsche bildet – dieProtagonistin steht anscheinend für eine solche Weiblichkeit, wie sie sich die Männerwünschen. So wundert es in diesem Kontext nicht, dass „alle Männer sich in Delphineverliebten, und dies war so von den ersten Monaten ihres Daseins an…“ (W. S. 78).In diesem Sinne ist es auch aufschlussreich, dass Delphine ein schauspielerischesTalent zeigt:„Nun beobachtete sie [Cornelie] wohl, daß nicht nur die Leidenschaft, mit der Delphine sichden ihr zugeteilten Rollen hingab, sondern auch ihr Ausdruck, ihre Fähigkeit zu sprechenund die M<strong>im</strong>ik, mit der sie ihre Worte unwillkürlich begleitete, sich beständig steigerten; daß370Irmgard Hölscher: Geschichtskonstruktion und Weiblichkeitsbilder in <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> Roman »DasWunschkind«. In: Barbara Determann, Ulrike Hammer, Doron Kiesel (Hrsg.): Verdeckte Überlieferungen.Weiblichkeitsbilder zwischen We<strong>im</strong>arer Republik, Nationalsozialismus und Fünfziger Jahren. Frankfurt /Main 1991. S. 41-81, hier S. 63.

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