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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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132Sinne, das war nur eins: Vorstellung der Mutter.“ (BR. S. 83) Conrad sehnt sich nach derMutter als der Garantin für Sicherheit und Geborgenheit – dabei fällt auf, dass er diemütterliche Nähe höher als die Gesellschaft seiner Frau bewertet:„In den ersten Tagen, ja während des ersten Monats nach seiner He<strong>im</strong>kehr mit Christa […]war es <strong>im</strong>mer wieder vorgekommen, daß er sich wie schlafwandelnd plötzlich auf dem Wegezur Mutter fand: […] und nicht dorthin, wo Christa ihn erwartete. […] Er hatte ein Ziel, daser in den letzen Jahren, am Ende verzweifelter Grübeleien, ratloser, schlafloser Nächte mitder Selbstverständlichkeit eines Naturvorgangs aufgesucht und gefunden hatte: dieGeborgenheit bei der Mutter.“ (BR. S. 80f)Eine geborgenheitseinflößende, starke und liebevolle Mutter findet Conrad nicht zu Hause:Da die reale Mutter alles andere als die von ihm vermisste Mutter ist, empfindet der Sohn„Enttäuschung“ (BR. S. 86). Zwischen den Imaginationen Conrads und dem wirklichenBild der Mutter besteht folglich eine Diskrepanz, die darauf zu verweisen scheint, dass dieTraummutter eine potenzielle Mutter darstellt, eine Mutter, zu welcher Cordula Sierewerden könnte, die sie jedoch nicht ist. Um so deutlicher erweist sie sich deswegen als eineschwache Mutter, die nicht <strong>im</strong> Stande ist, ihren Kindern mit mütterlicher Liebe zubegegnen: in diesem Sinne wird sie ihrer Mutterrolle nicht gerecht.Der Grund, warum Cordula als Mutter scheitert, scheint in ihrem Versagen alsMensch zu liegen. Cordula ließ nämlich den von ihr geliebten Mann, Conrads wirklichenVater, gehen und heiratete einen anderen, weil er ihr und dem Hof eine materielleSicherheit garantierte. Sie versagte jedoch vor allem deswegen, weil sie ihrem Sohn dieWahrheit über seinen Vater verhe<strong>im</strong>lichte und das Leben in der Lüge vorzog. Es liegt hierdie Schlussfolgerung nahe, dass die Frau erst dann eine gute Mutter sein kann, wenn sienicht gegen die Moral und die Sitte verstößt: das Verletzen dieses Gebotes kann nurnegative Folgen haben. Indem <strong>Ina</strong> Seidel in diesem Sinne von der Frau als Mutter sittlichesund moralisch richtiges Handeln fordert, lässt sie sich unter die Programmatik derkonservativen Aktivistinnen Helene Lange und Gertrud Bäumer einreihen, laut denen dieweibliche Natur die Frau <strong>im</strong> besonderen Maße zur Rolle der Hüterin der Moralprädestinierte – eine Aufgabe, die der Frau ebenfalls S<strong>im</strong>mel und Bachofen zusprachen. 306306 Vgl. die Kapitel zu Bachofen, S<strong>im</strong>mel, Lange und Bäumer.

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