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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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160„Therese, dachte George, ist gar nicht schön; ihr Kopf scheint zu schwer für die Zierlichkeitihrer Gestalt. Was ist das, dachte er, Therese hat eine bräunliche Hautfarbe, ihre Nase istkurz, ihr Mund nicht klein. Wenn Therese nicht jung wäre und ohne das Feuer ihresbeweglichen Geistes in den großen, etwas vortretenden Augen – Therese wäre häßlich!“ (L.S. 210)Mit der Gestalt Therese Heynes wird somit eine Anti-Mutter geschaffen, deren Züge sichdann in einer weiteren, ebenfalls nicht mütterlichen Figur wiederfinden: Delphine Loriotaus dem nach dem Labyrinth publizierten Wunschkind. Wie in dem Kapitel Leben undWerk dargestellt wurde, wurden beide Werke um die gleiche Zeit konzipiert, was dieÄhnlichkeit dieser weiblichen Figuren erklären könnte. Therese fehlen alle Eigenschaften,die eine Frau zur Mutter prädestinieren: gleich Delphine und ihrer Mutter Charlotte ausdem Wunschkind bildet sie den Gegenpol der guten, einfühlsamen Mutter.3.1.3.3 Charlotte aus Das WunschkindObgleich Charlotte von Tracht in dem Roman Das Wunschkind (1930) nur alsNebengestalt auftaucht, spielt sie in der Handlung eine wichtige Rolle, weil sie zur Muttervon Delphine, der Milchschwester Christophs, wird.Charlotte ist die jüngere Halbschwester Cornelies; sie wird jedoch von Anfang anals ihr Gegensatz dargestellt. Während Cornelie eher zurückhaltend, ernst und nach innengekehrt ist, zeigt sich Charlotte als offen, spontan und leichtsinnig. Wegen ihresLeichtsinns bleibt sie auf sich selbst angewiesen in dem von Franzosen belagerten Mainzzurück. Der Unterschied zwischen den Schwestern verdeutlicht auch ihr Äußeres: währendCornelie „dunkelhaarig und bleich wie der alte Tracht“ war und „<strong>im</strong> Blut […] die schwereZärtlichkeit ihrer mecklenburgischen Mutter [hatte]“ (W. S. 30), zeigt sich Charlotte alseine Erbin ihrer Mutter Delphine, einer französischen Schauspielerin, die süß und blondwar (vgl. W. S. 29) und welche „unerreichbare Anmut“, „gleitende Füße, spielende Hände,lächelnde Augen“, „glänzendes, lockiges Haar“ (W. S. 30) auszeichneten: „[…] die ganzeMusik der Erscheinung, die von Delphine, die jung und lachend gestorben, [ist] aufCharlotte übergegangen […].“ (W. S. 30) Wie es Irmgard Hölscher auf den Punkt bringt,

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