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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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244werden, dass sie über ganz eigene Kräfte verfügt, die ihr die mütterliche Veranlagunggibt. 447 Dass die Mütterlichkeit der Frau eine besondere Stärke verleiht, mit welcher sieihre Umwelt beeinflussen kann, wird am deutlichsten am Beispiel Muriels aus Renée undRainer und Michaela zum Ausdruck gebracht.Cornelie von Echter aus dem Wunschkind ist jedoch zweifelsohne die Mutter, dieman als vorbildhaft bezeichnen könnte. Sie wird zu einer ‘Mutter <strong>im</strong> Geiste‘, die in ihremVerhalten der Muttergottes nacheifert. Der ‘geistigen Mutter‘ wird von <strong>Ina</strong> Seidel dieFunktion der Vermittlerin zwischen Diesseits und Jenseits zugeschrieben – diesenreligiösen Aspekt der Mutterschaft verdeutlicht gegebenenfalls das Beispiel Cornelies. DieMutter als Vermittlerin der Transzendenz hat eine besondere Position inne; es werdenjedoch an sie hohe ethische Ansprüche gestellt. Die mütterliche Frau steht nämlich für dasHumane, für Reinheit und Würde, wobei diesen Werten eine verheiratete, aber auch eineallein stehende Frau (wie die Weberin Melitta aus Sommertage) treu sein sollte.<strong>Ina</strong> Seidel scheint davon überzeugt zu sein, dass neben der Mütterlichkeit dieKeuschheit eines der wichtigsten weiblichen Attribute ist. Es sind nicht nur Mütter, diesich durch ein unbeflecktes Wesen auszeichnen, sondern auch allein stehende Frauen, dieals Ideal der Jungfrau gelten können: Merula aus Der Weg ohne Wahl oder Fina ausLegende der Fina. Die Sexualität wird von der Dichterin instrumental betrachtet: sie solle<strong>im</strong> S<strong>im</strong>melschen Sinne nur <strong>im</strong> Zusammenhang mit der weiblichen Fruchtbarkeit zumTragen kommen und lediglich der Zeugung der Nachkommen dienen. Dass sich <strong>Ina</strong> Seidelfür eine konservative Auffassung des Sexuellen ausspricht, 448 bestätigen die Schicksale derFrauenfiguren, die eine ‘moderne‘ Moralauffassung repräsentieren, die also die freienBeziehungen zwischen den Geschlechtern zumindest teilweise befürworten: Renée ausRenée und Rainer, Andrea aus Der vergrabene Schatz, Tatjana aus Sterne der He<strong>im</strong>kehr,Delphine aus Das Wunschkind, Loulou aus Sterne der He<strong>im</strong>kehr und Therese aus DasLabyrinth werden als schwache Frauen konzipiert, die sich <strong>im</strong> Leben nicht behaupten447 Die Frau kann ebenfalls dank ihrer besonderen religiösen Veranlagung stark werden, allerdings auch nurunter der Voraussetzung, dass sie diese in ihr ruhende Potenz als ihre Stärke erkennt. Die ReligiositätCharlottes aus Das unverwesliche Erbe wird als eine potenzielle weibliche ‚Waffe‘ dargestellt, dank der sichdie Frau behaupten kann. Diese ‚Waffe‘ wird von ihr aber nicht in vollem Maße angewendet, weil sie sichdieser besonderen Eigenschaft nicht bewusst ist.448 Seidel sträubt sich gegen das Körperliche, als ob der Körper ein Feind wäre, gegen den man ankämpfensollte. Solche Haltung wundert nicht angesichts der Tatsache, dass <strong>Ina</strong> Seidel selbst den eigenen Körperüberwinden musste nach ihrer langen, sie fast das Leben kostenden Krankheit. Vgl. das Kapitel Leben undWerk. Wie jedoch Bożena Chołuj bemerkt, sei die Absage an emotionale und sinnliche Bedürfnisse einekulturell erzwungene Bedingung für das Muttersein. Vgl.: Bożena Chołuj: Matki i ich władza wewspółczesnej literaturze niemieckiej. In: Anna Nasiłowska (Hrsg.): Ciało i tekst. Feminizm wliteraturoznawstwie – antologia szkiców. S. 257-271, hier S. 271.

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