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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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115dennoch ein Teil dieses Feldes, und daß dann <strong>im</strong>mer und <strong>im</strong>mer Menschen über siehinschritten, Räder über sie rollten, Wagen und Geschütz, daß Unsägliches sich auf ihrbegab und ihr Leib, ihre Brust endlich einsanken, daß sie zum Grabe wurde und dann ersterlöst war, dann erst in starrer, ganz unbarmherziger Ruhe fühlte, daß sie dennoch lebte –und dennoch.“ (W. S. 986)Diese Darstellung des weiblichen Körpers, der allmählich in der Erde versinkt, zersetzt undzerteilt und letzten Endes zum Grab wird, legt die Deutung nahe, dass das Körperlicheabsterben muss, damit eine neue Qualität entstehen kann. Dass dabei die Befreiung vondem Materiellen als eine Art Erlösung dargestellt wird, lässt ebenfalls den Schluss zu, dassCornelies Entwicklung den Charakter einer geistigen Vervollkommnung annehmen soll.Auf diesen Prozess verweist ebenfalls Irmgard Hölscher:„Es geht vielmehr darum, über die Subl<strong>im</strong>ierung der Sexualität zur Mütterlichkeit dieAusweitung von der biologischen zur „geistigen“ Mutterschaft, von der Mütterlichkeit demeigenen Kind gegenüber zur mütterlichen Sorge in allen Lebensbereichen vollziehen zukönnen.“ 282Dem angeführten Zitat aus dem Wunschkind lässt sich ebenfalls entnehmen, dass sichCornelie auf gewisse Weise ihres Körpers bewusst ist, obwohl sie sich in einemtraumähnlichen Zustand befindet. Das Bewusstsein der eigenen Geschlechtlichkeit ist derS<strong>im</strong>melschen Auffassung zufolge ein Charakteristikum des Weiblichen 283 - diesesBewusstsein wird auch zu einer Eigenschaft Cornelies, dank welcher sie eine höhere Stufeihrer Entwicklung erreichen kann.Aber nicht nur durch die Träume der Protagonistin wird die Absage an dieSexualität als eine erwünschte Entwicklung des weiblichen Wesens angedeutet; denn auchder Umgang Cornelies mit den Männern lässt sich als ein allmählicher Verzicht der Frauauf ihre körperlichen Bedürfnisse lesen.Dieser Prozess wird <strong>im</strong> Moment jener Nacht initiiert, als Cornelies Sohn gezeugtwird: die körperliche Hingabe Cornelies an ihren Gatten ist eine Art selbstlose Erotik, weil282Irmgard Hölscher: Geschichtskonstruktion und Weiblichkeitsbilder in <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> Roman »DasWunschkind«. In: Barbara Determann, Ulrike Hammer, Doron Kiesel (Hrsg.): Verdeckte Überlieferungen.Weiblichkeitsbilder zwischen We<strong>im</strong>arer Republik, Nationalsozialismus und Fünfziger Jahren. Frankfurt /Main 1991. S. 41-81, hier S. 68. Hölscher behauptet darüber hinaus, dass man <strong>im</strong> Falle von Cornelie miteinem Prozess der Bewusstwerdung zu tun habe und dass die Figur letzten Endes „zur Verkörperung derNation“ werde. (Vgl. S. 68 und 72).283 Vgl. das Kapitel zu S<strong>im</strong>mel.

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