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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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71Entwicklung der Frau betont, ist insofern relevant, als sie damit eine zu Bachofen undS<strong>im</strong>mel entgegen gesetzte Position bezieht. Die beiden Forscher gingen nämlich von derAnnahme aus, dass das Weibliche kein Entwicklungspotenzial besitze und eine ‚in sichruhende Kraft’ darstelle. 205 Den ‚Konservativen’ zufolge spielt in der Entfaltung der Fraudie Mutterliebe eine besondere Rolle, die „nicht als Hemmnis für die geistige Entwicklung,sondern als Wegweiser“ 206 diene. In diesem Sinne behauptet Lange ferner:„Und vielleicht ist nichts <strong>im</strong> stande, den Sieg der Idee, den Sieg menschlicher Sitte zu soüberzeugender Darstellung zu bringen als das Emporwachsen der unterdrückten Sklavin zugeistiger Mutterschaft, zur Herrscherin des Hauses, in dem sie physisch vielleicht dieSchwächste ist.“ 207Dem Zitat lässt sich entnehmen, dass die Theoretikerin anscheinend darum bemüht ist, eineTrennungslinie zwischen der biologisch und der psychisch aufgefassten Mutterschaft zuziehen und die Vergeistigung der elementaren mütterlichen Veranlagung als das Ziel derweiblichen Entwicklung festzusetzen. Dabei ist es nicht zu übersehen, dass dieserReifeprozess der Frau ein Versprechen der Macht enthält.Eine Bestätigung für diese These liefert die folgende Äußerung der Frauenrechtlerin:„Wenn die Frau andern helfen will, sich zu entwickeln und zu einem gereinigten Willen zugelangen, so muß sie erst sich selbst entwickeln in der Schule des Denkens und des Thunsunter eigener Verantwortung. Und wenn aus dieser Schule ihre Eigenart potenzierter, edler,feiner hervorgegangen sein wird, dann wird man an die Frau glauben nicht nur als Mutter derFamilie, sondern als Mutter der Menschheit.“ 208Der hier von Lange skizzierte Werdegang der Frau lässt sich mit dem Schlagwort der‚geistigen Mütterlichkeit‘ 209 beschreiben: es ist eine Forderung nach der Subl<strong>im</strong>ierung und205 Vgl. die vorausgehenden Kapitel.206 Helene Lange: Intellektuelle Grenzlinien zwischen Mann und Frau (1896/97). In: Caroline Hopf / EvaMatthes: Helene Lange und Gertrud Bäumer. (wie Anm. 140), S. 88.207 Helene Lange: Weltanschauung und Frauenbewegung. (1899/1900) In: Caroline Hopf / Eva Matthes:Helene Lange und Gertrud Bäumer. (wie Anm. 140), S. 45.208 Helene Lange: Intellektuelle Grenzlinien zwischen Mann und Frau (1896/97). In: Caroline Hopf / EvaMatthes: Helene Lange und Gertrud Bäumer. (wie Anm. 140), S. 96.209 Der Begriff ‚geistige Mütterlichkeit’ geht auf die Theorien Friedrich Fröbels (1782-1852), der „denMüttern eine besondere Eignung für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen zuschrieb“, und HenrietteSchrader-Breymanns (1827-1899) zurück und wurde auch unter dem Begriff ‚organisierte Mütterlichkeit’propagiert: „’Weiblichkeit’ wurde mit ‚Mütterlichkeit’ gleichgesetzt, indem die Mütterlichkeit von derbiologischen Mutterschaft entkoppelt und allen Frauen auf Grund ihrer ‚naturgegebenen’ Gebärfähigkeit einegeistige Mütterlichkeit zugesprochen wurde. Unter Rückgriff auf diese These wurde nicht nur die Öffnung

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