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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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159Der Vater scheint hier der Inbegriff eines patriarchalisch-despotischen Bewusstseins zusein, das <strong>im</strong> ganzen Roman ebenfalls eine scharfe Kritik erfährt: diesen Schluss erlaubtvorzugsweise seine symbolische Gleichsetzung mit dem König Minos. Indem Therese insolcher Konstellation zu Reinhold Forster dargestellt wird, wird suggeriert, dass sie eineArt Abbild von Georges Vater sei. Für diese These mag auch das folgende Zitat sprechen:„[…] in Therese steckte etwas von einer Katharina, einer Daschkow und mehr von einemDiplomaten als in mir […], und sagen wir einmal: dem Vater zusammengenommen!“ (L. S.263)Es ist markant, dass hier auf Katharina Romanowna angespielt wird, die weibliche Gestaltaus der Erzählung Die Fürstin reitet, für welche die Mutterrolle ebenfalls zu einerzweitrangigen Aufgabe wurde. 335Ähnlich wie der Vater Georges ein gefühlloser Tyrann war, zeigt auch Therese eineNeigung zum autoritären Handeln: „mit ein paar kurzen, herrischen Schritten und bösefunkelnden Augen“ (L. S. 207) war sie in das Leben Georges eingetreten.Man darf annehmen, dass Therese Heyne die Inkarnation eines negativ aufgefasstenWeiblichkeitsbegriffs ist, der sich in diesem Kontext auf eine überspitzt egoistischdespotischeHaltung bezieht. Je eigennütziger sie wird, desto mehr scheint sie dem VaterGeorges zu ähneln. Aus diesem Grunde kann sie auch keine gute Mutter werden: weil siedazu nicht fähig ist, sich über das eigene Ich zu erheben und weil sie zu sehr „Mann“ ist.Ihre moralische Verderbtheit und die Konzentrierung auf den körperlichen Genussentfremden sie <strong>im</strong>mer mehr der Mutterrolle.Therese ist in diesem Sinne nicht nur eine laszive Mutter, sondern auch eineeinfältig-dumme: diese Schlussfolgerung bestätigt die Oberflächlichkeit ihrer Bedürfnisse,aber auch die Art und Weise, wie sie als eine literarische Figur konzipiert ist. Sie scheintkein Innenleben zu haben, dem Leser wird kein Einblick in die Welt ihrer Gedanken undGefühle gewährt. In Bezug auf die junge Frau Forster bedient sich der Erzähler <strong>im</strong>mer derAußensicht, lediglich ihr Verhalten und Aussehen darstellend. Man gewinnt dadurch denEindruck, dass sie eine ‘leere’ und ‚seelenlose’, lediglich aus dem Körper bestehende Frauist, der ihre Identität gänzlich best<strong>im</strong>mt, wobei selbst ihr Äußeres sie als eine negativeFigur wahrnehmen lässt:335 Vgl. das Kapitel zu Die Fürstin reitet.

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