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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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1753.3.1.2 Loulou aus Sterne der He<strong>im</strong>kehrLoulou Binz aus dem Roman Sterne der He<strong>im</strong>kehr (1923) ist eine verwitwete,allein stehende, ca. 30jährige Frau, die dank dem Unternehmen ihres verstorbenen Mannes,das sie in eine Aktiengesellschaft verwandelt hat, zu Reichtum kam.Man lernt sie in dem Moment kennen, als eine der Hauptgestalten des Romans, derStudent Aage 361 , vor ihr auf der Flucht durch eine süddeutsche Stadt ist. Er will dieunerwünschte Gefährtin unbedingt loswerden, doch Loulou eilt ihm übermüdet nach. Eserweist sich schnell, dass der junge Student von der wesentlich älteren Loulou unterhaltenwird. Dafür verlangt die Frau von ihrem Liebhaber unbedingte Hörigkeit und ständigeAnwesenheit in ihrer Nähe. Sie will nichts von der Trennung hören und wirft demStudenten Undankbarkeit vor.Als eine hinter dem Mann herjagende Frau wird hier Loulou eindeutig insLächerliche gezogen; dabei fällt es auf, dass die Frau den Mann wie eine Beute behandelt,die sie unbedingt an sich binden will. Da die Protagonistin darüber hinaus den sprechendenNamen Loulou 362 trägt, liegt hier die Vermutung nahe, dass sie eine Verkörperung derfemme fatale ist, eines Frauenbildes, das sich um die Jahrhundertwende einer großenBeliebtheit erfreute. 363Auf die Zugehörigkeit Loulous zu dem Typus der femme fatale verweist bereits dieEigenart des zwischen ihr und dem Studenten Aage bestehenden Verhältnisses: Obwohldem Mann die Bindung an Loulou zum Verhängnis wird, vermag er es nicht, sichendgültig von ihr zu befreien. Eindeutig wird hier die sexuelle Abhängigkeit des Mannesvon der Frau thematisiert – Aage stellt fest, „daß ihn nichts mehr mit ihr verband als daszufällige gemeinsame Behagen seltener Stunden, und daß er doch unlösbar, unentwirrbarmit ihr verstrickt war.“ 364 . In seinen Gedanken beschreibt er sich selbst361 Der Sohn Brigitte ten Maans aus dem Roman Das Haus zum Monde362 Das signifikanteste Beispiel der femme fatale in der Moderne ist ohne Zweifel Lulu, die weiblicheProtagonistin Frank Wedekinds Dramas Der Erdgeist (1895), die als verführerische und giftige Schlangedargestellt wird. In dem zweiten Teil der Dramenfolge Die Büchse der Pandhorra (1904) wird Lulu inVerbindung mit dem Mythos der Unheil stiftenden Pandhorra gebracht. (Vgl.: Femme fatale: In: Horst S. undIngrid G. Daemnrich: Themen und Motive in der Literatur. Tübingen 1995. S. 150-154.) Die Künstler stellendie verführerischen femme fatales oft als allein stehende, geschiedene oder verwitwete Frauen dar, die denMann an sich fesseln und ein Unglück über ihn hereinbrechen lassen. Häufig werden sie dabei zu einem Tierstilisiert, was ihr triebhaftes und an<strong>im</strong>alisches Wesen betont. Oft werden der fatalen Weiblichkeitdämonische Züge verliehen.363 Für diese These spricht auch die Zeit, in der der Roman Sterne der He<strong>im</strong>kehr skizziert wurde: laut derAutorin <strong>Ina</strong> Seidel lag der erste Entwurf bereits <strong>im</strong> Jahre 1905 vor.364 <strong>Ina</strong> Seidel: Sterne der He<strong>im</strong>kehr. Eine Junigeschichte. Berlin [o. J.] S. 23. Im laufenden Text werden dieZitate aus diesem Werk mit der Sigle C vermerkt.

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