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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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30nach Form, Ausdruck und Inhalt konservativ oder avantgardistisch war, sondern ob es nachForm, Ausdruck und lebendigem Gehalt, künstlerische Qualität besaß. Diese Duldsamkeitauf höchster Ebene war vielleicht die positive Seite der viel gerühmten zwanziger Jahre; sieschuf gerade in Berlin ein geistiges Kl<strong>im</strong>a, das der Produktivität so günstig wie möglichwar.“ 102Die Möglichkeit eines kreativen Meinungsaustauschs mit anderen in Berlin ansässigenDichtern und Schriftstellern wurde durch den Eintritt <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> und ihres Mannes in denP. E. N.–Club begünstigt, bei dessen Zusammenkünften die Autorin zu Thomas undHeinrich Mann, Paul Valéry, Jakob Wassermann, Franz Werfel oder Sinclair LewisKontakt fand. Laut Eigenaussage haben zu ihren Berliner Freunden auch Oskar Loerke undGottfried Benn gehört. 103 Bei einem der Lesungen des Schriftsteller-Schutzverbandesmachte die Autorin die Bekanntschaft mit Else Lasker-Schüler, einer Dichterin, welche sievon früh an verehrt haben will. 104Tatsächlich erwies sich das geistige Kl<strong>im</strong>a der deutschen Hauptstadt für dieDichterin als besonders günstig: bereits 1924 entstand die Erzählung Renée und Rainer, die1928 gedruckt wurde. Die Schauplätze dieser Geschichte von einem krankhaftenAbhängigkeitsverhältnis eines erwachsenen Sohnes namens Rainer von seiner starkenMutter Muriel sind Berlin und Italien: in Italien erfolgt die ‚Genesung’ des Sohnes, dersich dank der Liebe zu einer anderen Frau, der Schauspielerin Renée, von der abnormenBindung an die Mutter lösen und seinen eigenen Weg gehen kann. In das Jahr 1924 fälltauch die Entstehung einer weiteren Erzählung, Die Fürstin reitet, die zwei Jahre spätererstmals veröffentlicht wurde. Der Text war laut Aussage der Dichterin „ein Trieb desForster-Romans“:„bei der Beschäftigung mit Forsters Knabenerlebnissen in St. Petersburg war ich [<strong>Ina</strong> Seidel– N. N.] der Erscheinung der Fürstin Daschkoff in ihrer Eigenart als Präsidentin derrussischen Akademie der Wissenschaften begegnet, und als ich dann dem Leben diesermerkwürdigen Frau nachging und ihre Memoiren las, nahm mich jene Episode aus ihrerJugend <strong>im</strong> Zusammenhang mit Katharinas Thronbesteigung unwiderstehlich gefangen. Wasmich verführte, war der lyrisch-balladische Zauber des Stoffes; hier war das seltene Beispiel102 <strong>Ina</strong> Seidel: Berlin, ich vergesse dich nicht! Berlin 1962. S. 59f. Im Erzählstil <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> lässt sich jedochkein avangardistischer Zug verzeichnen, sie ist vielmehr dem Realismus verpflichtet. (In einigen realistischskizzierten Texten, wie z. B. Spuk in des Wassermanns Haus, kommen ‘phantastische‘ Elemente vor.)103 Vgl. Ebd. S. 64.104 Vgl. Ebd. S. 66.

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