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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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72Veredelung der Eigenart der Frau, die, wie bereits mehrmals hervorgehoben, vorzugsweiseihr Mutterinstinkt best<strong>im</strong>me. Dieser Instinkt müsste also eine Vervollkommnung erfahren,d. h. von der triebhaften Färbung losgelöst und auf ein geistiges Niveau angehobenwerden. In diesem Sinne erweist sich das Prinzip ‘geistiger Mütterlichkeit‘ als ein Weg derBefreiung der Frau von der Bindung an die häusliche Sphäre; es ermöglicht ihr auch dieEtablierung einer gesellschaftlichen Machtstellung.Die Veredelung der weiblichen Natur entpuppt sich ebenfalls als Bedingung der sozialenArbeit; die Verfeinerung des eigenen Charakters solle dem Dienst an der Allgemeinheitvorausgehen:„Erst das durch Vernunft kontrollierte und durch geistige Kultur geklärte Gefühl macht sie[die Frau – N. N.] – in Verbindung mit tüchtiger praktischer Schulung – zur Lösung beiderAufgaben fähig [der Aufgabe der Mutterschaft und der sozialen Arbeit – N. N.]“ 210Es ist markant, dass Lange hier von der Frau das Hinausgehen über die rein biologischeBest<strong>im</strong>mung fordert, eine Art Selbstüberwindung. Dieses Konzept der ‚geistigenMütterlichkeit‘ fasst Grażyna Barbara Szewczyk auf folgende Weise zusammen:„Dieser Auffassung [dass die Mutterschaft ein innerer Trieb <strong>im</strong> Sinne der DarwinschenLehre sei, der die Mütter und nicht die Väter dazu veranlasste, für ihre Kinder zu sorgen – N.N.] von der Mütterlichkeit stellten die Vertreterinnen der bürgerlichen Frauenbewegung dasKonzept von der geistigen Mütterlichkeit entgegen. Sein zentraler Gedanke war, dienatürlich gegebene Mütterlichkeit der Frauen nicht auf die häusliche Sphäre zu beschränken,sondern durch eine, vorwiegend soziale Arbeit der Gesellschaft zugute kommen zulassen.“ 211Eine Affinität zu der S<strong>im</strong>melschen These von der besonderen Prädestinierung der Frau zur‚schönen Seele’ macht sich hier ebenfalls bemerkbar: die Überhöhung der eigenartigengeistigen Potenz der Weiblichkeit ist den beiden Konzepten gemeinsam.pädagogischer und sozialfürsorgerischer Berufsfelder für Frauen, sondern auch die politische Partizipationvon Frauen gefordert, die auf allen Ebenen die einseitig männlich dominierte Welt durch das ‚weiblichePrinzip’ ergänzen sollten, um so eine grundlegende Reform der Gesellschaft und des Staates einzuleiten.“Vgl.: Angelika Schaser: Frauenbewegung in Deutschland 1848-1933. Darmstadt 2006, S. 28f.210 Helene Lange: Intellektuelle Grenzlinien zwischen Mann und Frau (1896/97). In: Caroline Hopf / EvaMatthes: Helene Lange und Gertrud Bäumer. (wie Anm. 140), S. 95.211 Grażyna Barbara Szewczyk: Der Mythos Mutterschaft zwischen Heiligkeit und Profanität. In: MirosławaCzarnecka (Hrsg.): Mutterbilder und Mütterlichkeitskonzepte <strong>im</strong> ästhetischen Diskurs. Wrocław 2000. S. 9-19, hier S. 11.

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