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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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200Protagonistin in einem abgelegenen Kloster, wo sich Muriels Schule befindet, lässt sich alsein radikaler Bruch mit ihrer bisherigen, großstädtischen Existenz verstehen. DerAufenthalt in dem Kloster suggeriert folglich die Abwendung Renées von der falschverstandenen Erotik, das Absterben der überspannten Sinnlichkeit.Die nächste Stufe der Entwicklung der Protagonistin bildet die Absage an ihreegozentrische Haltung:„Sie hatte bisher niemand gedient als sich selbst, und das hieß: sie hatte alle Tage andereWeisungen erhalten, hatte hundert Dinge begonnen und ebenso viele wieder liegenlassen.Jetzt, da jener launenhafte, richtungslose Tyrann zerfleischt, gerädert und für eine Weilevertilgt und ausgeschaltet war, schien es wunderbar wohltätig, sich der sanften Stetigkeitdieses fremden [Muriels] Willens zu überlassen.“ (R. S. 24)Da die Protagonistin von ihren schlechten Neigungen befreit wurde, wird ihr jetzt dieMöglichkeit gegeben, sich in der Rolle der Ehefrau und Mutter zu bewähren.Kennzeichnend ist dabei, dass sie dank dem Aufenthalt in dem Kloster und dank ihrer Ehe„von einer Neigung zu schweren Depressionen geheilt“ wird (M. S. 305). Es liegt hier dieSchlussfolgerung nahe, dass Renées Abstreifen der Rolle der emanzipierten Frau und dieAkzeptanz der Rolle der Ehefrau eine Art Heilung des Weiblichen bewirkt 389 , wodurchdiese Entwicklung der Protagonistin einen eindeutig positiven Charakter erhält.Renées Veränderung entpuppt sich jedoch als nicht vollkommen; denn sie vermages nicht, der wichtigsten Aufgabe, der Mutterrolle, gerecht zu werden. Ihre Tochterbetrachtet die Protagonistin wie ein fremdes Kind, auch zu ihrem Sohn hat sie kein innigesVerhältnis. Der Sohn ist ihr nur deswegen wichtig, weil er „ein Stück von Rainers Leben“(M. S. 284) ist. Was die Kinder und die Mutterschaft angeht, so hat sie „das alles nicht sopathetisch erlebt.“ (M. S. 284) Für sie ist die Ehe wichtiger als die Mutterschaft: „[Rainer]kann aber nicht verlangen, daß ich ihn aufgebe, […] denn ich bin nur durch ihn ihre Mutterund bin in erster Linie seine Frau.“ (M. S. 285) Renée behauptet darüber hinaus, „sie seivielleicht gar keine „richtige“ Mutter.“ (M. S. 302)Aber auch in ihrer Beziehung zu Rainer macht sich ein ‚unerwünschter’ Zugbemerkbar, der ein Echo der früheren Existenzweise der Protagonistin zu sein scheint:389 Es lässt sich hier eine Affinität zu den Parolen der gemäßigten Frauenrechtlerinnen feststellen, welchesich für die Ehe als Garant der Sittsamkeit und Anständigkeit einsetzten. Vgl. das Kapitel zu H. Lange und G.Bäumer.

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