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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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51So gesehen manifestiert sich die Mütterlichkeit in den Ausführungen Bachofen alsein uneindeutiges und widersprüchliches Phänomen, wobei diese Uneindeutigkeitwiederum für die Frau überhaupt charakteristisch ist, „die das Sinnliche und dasÜbersinnliche stets unlösbar verbindet“ (B. S. XV). Die Mütterlichkeit geht für Bachofen<strong>im</strong>mer mit der Widersprüchlichkeit einher: „das Gesetz des demetrischen Mutterthums“spiegelt „das Wechselverhältnis von Tod und Leben“ und stellt „den Untergang als dieVorbedingung höherer Wiedergeburt“ (B. S. XV) dar: Die Mütterlichkeit erweist sich alsonicht nur als das lebenspendende und dadurch eindeutig positive Prinzip, sondern n<strong>im</strong>mtden Charakter eines ambivalenten Phänomens an, indem es den Tod zu einem notwendigenBestandteil des Lebens erhebt.Das wechselseitige Verhältnis zwischen Tod und Geburt veranschaulicht die zweiSeiten der Mütterlichkeit: die negative, düster-tödliche und die positive, affirmativverheißungsvolle.Mütterlichkeit ist nach Bachofen eine ursprüngliche Kraft, die „allesvon ihr Gebildete wieder in ihrem Schosse aufn<strong>im</strong>mt […], die Todtes wie Lebendigesgleichmässig umfasst […]” (B. S. 131).Mirosława Czarnecka weist in ihren Ausführungen zu Bachofen darauf hin, dass derForscher das Bild der archetypischen Großen Mutter beschwört:“Die archetypische Große Mutter ist eine dreifigurale Konstruktion, die es erlaubt, positiveund negative Attribute in der Gestalt der Mutter zu verbinden: einer Mutter, die sowohl gutals auch böse ist. Sie bedeutet Leben, Wärme, Nahrung, Sicherheit und Glück undgleichzeitig Tod, Rache oder Kampf.“ 147Bachofen hat ohne Zweifel ein originelles Konzept der Entwicklung dermenschlichen Zivilisation erstellt, das bis heute diskutiert wird. Umstritten ist es bereitsdadurch, dass sich der Forscher auf fiktive Texte stützt und keine geschichtlichnachprüfbaren Beweise liefert. Sein größtes Verdienst zeigt sich meiner Ansicht nachdarin, dass er die Allgemeinheit und Offensichtlichkeit der männlichen Vorherrschaft inFrage stellt und die Geschichte des Menschengeschlechts nicht als eine ausschließlicheDomäne der Männer darstellt. Bachofen betont die Bedeutung der Frau in der Entwicklungder menschlichen Zivilisation, obwohl er zugleich das Weibliche in der Rolle der Mutterpräfiguriert. Indem er jedoch die Stellung der Mutter als einer gottgesegneten Herrscherin147 Mirosława Czarnecka: Wieszczki. Rekonstrukcja kobiecej genealogii w historii niemieckiej literaturykobiecej od połowy XIX wieku do końca XX wieku. Wrocław 2004, S. 73. Die Übersetzung aus demPolnischen kommt von mir – N. N.

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