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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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180Delphine hat keine Seele und folglich auch keine Moral. Sie verkörpert die wilde,ungezähmte und elementare Natur, die die Normen der Sittlichkeit nicht kennt: sie wirdmit einem Kätzchen oder einem Vögelchen verglichen, ihr Lachen ist „wie Taubengegurr“(W. S. 921):„Ihre Augen hell bew<strong>im</strong>pert und durchsichtig grünbraun, sahen ihn hell und unschuldig an.Der feuchte kleine Mund stand leicht geöffnet und die Flügel der kurzen feinen Nasezitterten leise.“ (W. S. 669)Das An<strong>im</strong>alische der Frauengestalt geht dabei mit dem Erotischen einher: denn bereits alsKind wird Delphine von Männern umschwärmt, sie zieht die Männer an, nur um mit ihnenzu spielen. Ihren verführerischen Künsten fällt vor allem Christoph zum Opfer, der ständigihre Nähe sucht, obwohl Delphine ihn abwechselnd verlockt und von sich abstößt.Vielsagend ist in diesem Kontext eine Episode, in welcher Christoph Delphine nach langerTrennung wiedersieht: Delphine lässt sich von ihm in einem Gartenlabyrinth suchen,versteckt sich vor ihm und neckt ihn. Somit führt sie ihn in die Irre, zugleich jedochbefindet sie sich selbst <strong>im</strong> Labyrinth, also auf Irrwegen – sie scheint nicht nur die Irre-Führende, sondern auch selbst eine Verirrte zu sein. Das Labyrinth versinnbildlichtfolglich einen Ort der verirrten 369 und ‘herumirrenden’ Weiblichkeit, einer Weiblichkeit,die sich auf gewisse Weise ständig in Bewegung befindet und sich nicht festbinden lässt.Dass die Protagonistin für eine solche Weiblichkeit steht, die sich jeglicherBindung zu entziehen versucht, suggeriert auch ihr tänzerisches Wesen. So prägt sich „diegrazile Leichtigkeit ihres zierlichen Körperchens und die zarte Färbung des kleinenGesichtes“ ein (W. S. 209), und so tritt sie denn auch zum ersten Mal in einer größerenGesellschaft als eine Tänzerin auf:„Delphine tanzte nicht eigentlich; sie hielt mit beiden Händchen ihr Kleid gefaßt und folgtehin und her trippelnd den Figuren, die ihr Kavalier andeutete, indem er sich <strong>im</strong>mer mehr anhumorvoller Grandezza übertraf. Doch waren ihre Bewegungen von der Unbeschwertheiteines <strong>im</strong> Gezweig spielenden Vogels, mit erstaunlicher Einfügung in seine Absichten undvon Stolz getragen, wenn etwas gelungen war.“ (W. S. 209)369 Als eine ‚verirrte Weiblichkeit‘ wird Delphine auch negativ bewertet.

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