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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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125Der Bewusstwerdungsprozess der weiblichen Figur versinnbildlicht ebenfalls diePostulate Helene Langes und Gertrud Bäumers, welche zu einem bewussten Einsatz dertypisch weiblichen Werte aufriefen. 298Markant ist es, dass das Ende des Romans eine Art Vision des weiblichenSchicksals zeigt, für welches die Entwicklung, wie sie am Beispiel Marias dargestelltwurde, grundlegend ist:„Keine Tochter bleibt zurück, um das Erbe an Qual und Seligkeit weiterzutragen, das jedeTochter von jeder Mutter übern<strong>im</strong>mt und das dann am Ende nicht mehr gewesen ist als dieErde – Erde, aus der sie ihre unsterbliche Seele, der das unverwesliche Erbe verheißen ist,frei machen sollte.“ (E. S. 360)Die weibliche Existenz beinhaltet demgemäß das Leiden, aber auch das Glück – wobeinicht zu übersehen ist, dass dieser glückliche Zustand eben infolge einer inneren Wandlungerreicht werden könnte. Eine solche Schlussfolgerung suggeriert die Formulierung, dassdie Frau ihre Seele aus der Erde „frei machen sollte“ – offenbar wird hier auf einen Prozessverwiesen, den die Frau durchmachen müsse, <strong>im</strong> Laufe dessen sie auf das Irdische, dasErdenbezogene verzichten und sich zu dem Ideellen hinwenden müsse. Diese Forderungsteht wiederum in einer unübersehbaren Nähe zu dem Konzept der schönen Seele, wie esvon Georg S<strong>im</strong>mel entwickelt wurde. 299Von den drei weiblichen Lebensläufen, die in dem Roman Das unverwesliche Erbegeschildert werden, scheint der Lebensweg Marias der dem Ideal am nächsten stehende zusein. Im Unterschied zu ihrer Mutter Elisabeth, die zwischen Verweigerung undAnpassung schwankt, und <strong>im</strong> Gegensatz zu der realitätsentrückten Großmutter Charlottekann Maria das goldene Mittel finden: in ihr kommt das weibliche Erbe in der Gestalt einerSynthese zum Vorschein. Sie versucht nicht, sich gegen das Existierende aufzulehnen, siewill sich auch der Wirklichkeit nicht verweigern; vielmehr baut sie ihre eigene,unabhängige Existenz auf dem bereits Bestehenden auf. Diese Fähigkeit wird zu ihrerStärke, dank welcher sie sich <strong>im</strong> Leben behaupten kann.298 Vgl. das Kapitel zu Lange und Bäumer.299 Vgl. das Kapitel zu Georg S<strong>im</strong>mel.

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