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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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148Mit dieser Realitätsentrücktheit Charlottes geht ihre Passivität einher: Charlottelässt sich von den anderen lieben, sie selbst setzt ihre Mütterlichkeit nicht aktiv um. Indiesem Sinne ähnelt sie Cordula Siere, die für ihre Kinder wie ein unbeweglicher „Baum“war. 327 Charlotte Dornblüh handelt nicht so selbstverständlich und bewusst wie Cornelie,kann sich nicht als ein unabhängiges Subjekt setzen. Man könnte die These aufstellen, dassCharlotte zu einer guten und starken Mutter werden könnte, wenn sie bewusst aus ihrerReligiosität die nötige Kraft schöpfen würde: Charlotte ‚ruht’ gleichsam in ihrerReligiosität und macht von diesem Potenzial keinen bewussten Gebrauch. Sie ist in derinneren Welt zu sehr eingeschlossen, um eine Entwicklung durchzumachen und die aufdiese Weise gewonnene Kraft zum Wohle ihrer Kinder einzusetzen. Dass dies das Ziel dermütterlichen Frau werden sollte, veranschaulichte eben das Beispiel Cornelies: die Frau alsMutter müsse sich selbst entwickeln, ihre weiblichen Werte entfalten.Eine Erklärung für das Versagen Charlottes in der Mutterrolle liefert auch dieanfangs erwähnte Verwandtschaft mit Delphine aus dem Wunschkind, einer weiblichenGestalt, die das Gegenbild der guten Mutter darstellt 328 : als Erbin Delphines kann folglichauch Charlotte keine ideale Mutter werden. Interessant ist darüber hinaus, dass Charlotteähnlich wie die Mutter Delphines, Cornelies Schwester heißt: auch Charlotte von Echterwar eine schlechte Mutter, für welche das Kind eine Last war. 329 Und dass dieErbschaftsfragen eine nicht geringe Rolle in dem Roman mit dem sprechenden Titel Dasunverwesliche Erbe spielen, scheint in diesem Zusammenhang nicht belanglos zu sein.3.1.2.6 Elisabeth aus Das unverwesliche ErbeElisabeth Alves ist die Tochter Charlotte Dornblühs aus dem Roman Dasunverwesliche Erbe (1954); ähnlich wie ihre Mutter wird auch Elisabeth zur Ehefrau undMutter. Sie versucht allerdings, diesen Rollen anders als Charlotte gerecht zu werden.Obwohl Charlotte ein ‚Mensch der Gnade’ war, geht auf ihre Tochter Elisabethdieses besondere Erbe nicht über: vielmehr steht Elisabeth von Anfang an in Opposition zuihrer Mutter, sowohl was ihren Glauben, als auch was ihre Lebenshaltung anbelangt. Siewill auch nicht automatisch den Lebensweg der Mutter wiederholen, was sich in ihrer327 Vgl. das Kapitel zu Cordula.328 Die Gestalt Delphine Loriots wird in einem separaten Kapitel analysiert.329 Vgl. die Analyse der Gestalt Charlotte von Echters.

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