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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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75Ergänzung des Vorhandenen mit typisch weiblichen Werten: das Weibliche soll einebestehende Lücke auffüllen, was wiederum der Mann nicht zu leisten vermag.Zugleich macht Bäumer auf die Doppelbelastung der Frau aufmerksam, welcher sie<strong>im</strong> gesellschaftlichen Leben ausgesetzt ist: Weil sie in erster Linie ihre Kräfte für dieFamilie verausgabe, verlange ihr Engagement in außerfamiliären Bereichen mehr Opfer alsvom Mann. Das Wirken der Frau in den Bereichen von Kunst und Wissenschaft werdedeswegen erheblich erschwert:„Es läßt sich nicht nur in vielen Lebensschicksalen, sondern auch <strong>im</strong> künstlerischen undwissenschaftlichen Schaffen der Frauen beobachten, daß sie unter diesem Zwiespalt ihresindividuellen Lebens mit dem sozialen Konsensus nicht nur äußerlich, sondern innerlich,nicht nur greifbar und bewußt, sondern auch unbewußt leiden. Es erklärt sich sicherlichdaraus zum Teil die Scheu der Frauen, auf dem neuen Gebiet rein intellektueller Betätigungmit Eigenem hervorzutreten. Sie ziehen es vor, sich dem, was sie vorfinden, um sogewissenhafter anzupassen, als es eben für ihr Geschlecht noch nicht dasGewohnheitsmäßige ist. Sie suchen, in eine bisher männliche Beschäftigung hineingestellt,gleichsam Deckung durch eine besonders ängstliche und pedantische Anpassung an das, wasdort das Eingebürgerte ist.“ 219Aus dem angeführten Zitat lässt sich ableiten, dass der Weg einer Frau, die sich alsKünstlerin oder Wissenschaftlerin zu behaupten versucht, ein Leidensweg ist, welcher vonden Gefühlen der Zerrissenheit und Gespaltenheit begleitet wird. In eine für sie neueSituation hineinversetzt, wird die Frau durch eine psychische Anstrengung belastet, diesehr oft in die Nachahmung des bereits Existierenden, das nicht ihrer Wesensart entspricht,mündet. Bäumer weist hier auf ein Dilemma hin, dem sich jede künstlerisch oderwissenschaftlich tätige Frau zu stellen hat – eine Schwierigkeit, auf die ebenfalls <strong>Ina</strong> Seidelaufmerksam macht: In ihren Tagebuchaufzeichnungen macht die Schriftstellerin diefolgende, in diesem Kontext vielsagende Bemerkung:„Eigentlich weiß ich ganz genau, wie es zum Belächeln ist, sich vorzunehmen, in erster Linieein großes und ein ganz kleines Kind zu pflegen, seinem Mann soviel zu sein, als er braucht,daß diese drei zu ihrem vollen Recht kommen – den Haushalt zu führen, daß er wie geölt219 Gertrud Bäumer: Psychologische Grundlegung (1911). In: Caroline Hopf / Eva Matthes: Helene Langeund Gertrud Bäumer. (wie Anm. 140), S. 102f.

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