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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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161wurden <strong>im</strong> Wunschkind am Beispiel Cornelies, ihrer Schwester Charlotte und deren„Inkarnation“ Delphine polare Weiblichkeitsbilder dargestellt. 336Charlotte ist ein trotziges Mädchen, das sich lediglich vor dem Vater verantwortlichfühlt. Ihn verletzt sie paradoxerweise auch am tiefsten, indem sie, ohne seine Einwilligungeingeholt zu haben, einen französischen Offizier bürgerlicher Herkunft heiratet. DieseVerheiratung bedeutet zweifachen Bruch mit den herrschenden Normen: es ist eineAuflehnung gegen den Vater und somit gegen die durch ihn symbolisierte patriarchalischeOrdnung, und zugleich ein Verstoß gegen die Standesgrenzen. Charlottes Protesthaltunghat für sie kennzeichnenderweise nur negative Folgen: sie stirbt in Elend und Einsamkeit,getrennt von ihrer Familie und ihrem Mann.Anders als für ihre Halbschwester ist für Charlotte die Rolle der Ehefrau wichtigerals die der Mutter, sie ist bereit, ihrem Mann in jeder Situation beizustehen. Im Gegensatzzu Cornelie lehnt sie die Rolle der Mutter ab. Sie bekommt ein ‚Zufallskind’, dieMutterschaft bedeutet für sie kein Glück, sondern Last. In einem Brief an Cornelie schreibtsie Folgendes:„Sie [Charlotte] hat ihn [ihren Mann, der gerade abgereist ist – N. N.], nicht begleiten dürfenund war jetzt nach diesen kurzen Monaten heißen stürmischen Glücks so einsam wie nie inihrem Leben. Und dann das Kind! Dieses furchtbare Kind! Warum war es gekommen?!“ (W.S. 59f.)Charlotte stirbt <strong>im</strong> Wochenbett, die Tochter Delphine gebärend, deren sich Cornelieann<strong>im</strong>mt. Ähnlich ihrer Mutter Delphine ist ihr nur ein kurzes Leben vergönnt. Die Gründefür ihr Scheitern als Mutter scheinen in ihrem Charakter zu liegen, welchen sie von derMutter geerbt hat: wie bereits angedeutet, wird Charlotte als kindlich, naiv und spielerischdargestellt, wodurch auf eine gewisse Infantilität der Protagonistin hingewiesen wird.Selbst noch ein Kind, kann Charlotte folglich keine gute Mutter werden.336 Vgl. Irmgard Hölscher: Geschichtskonstruktion und Weiblichkeitsbilder in <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> Roman »DasWunschkind«. In: Barbara Determann, Ulrike Hammer, Doron Kiesel (Hrsg.): Verdeckte Überlieferungen.Weiblichkeitsbilder zwischen We<strong>im</strong>arer Republik, Nationalsozialismus und Fünfziger Jahren. Frankfurt /Main 1991. S. 41-81, hier S. 59.

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