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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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117zwischengeschlechtlichen Beziehung nobilitiert wird. Eine solche Auffassung zeigt eineunübersehbare Nähe zu den Parolen der gemäßigten Frauenrechtlerinnen, die in der Eheund Familie den wichtigsten Garant der moralischen Ordnung sahen. 284Auffallend <strong>im</strong> Verhältnis Cornelies zu dem Arzt ist auch, dass der Wendepunkt inihrer Beziehung <strong>im</strong> Angesicht des Todes erfolgt. Denn Cornelie erklärt Buzzini ihre Liebe,als sie zusammen bei einem Sterbenden wachen. Es mag der Ernst des Todes sein, der siezusammen rücken lässt, auf der anderen Seite drängt sich hier auch der Gedanke auf, dassCornelies Beziehungen zu Männern auf eine gewisse Weise mit dem Tode infiziert sind:man denke nur an die Einführungsepisode des Romans (Die Zeugungsnacht Christophs).Die frühere Hinwendung Cornelies zu dem Offizier Fritz Rühle bedeutet wiederumdie Wahl eines Soldaten und somit eines Gegensatzes zu Buzzini; doch lässt sich bei ihmebenfalls die Präsenz des Todes verzeichnen: Als Soldat muss er ständig mit demmöglichen Tod <strong>im</strong> Feld rechnen. Frau von Echter lässt auch ihn gehen, weil er ihrenKonfessionswechsel nicht akzeptieren könnte und somit eine Störung in ihrer Relation zuChristoph herbeiführen würde.Diese Anwesenheit des Todes scheint auch darauf hinzuweisen, dass CorneliesVerbindungen zu Männern von vornherein zum Scheitern verurteilt sind, wodurch derBlick des Lesers auf ihre Aufgaben als geistige Mutter und den allmählichen Prozess derAbwendung vom Körperlichen gelenkt wird.Eine Prämisse der Selbstentwicklung der weiblichen Hauptfigur bildet ebenfalls diebewusste Annahme der <strong>im</strong> Mütterlichen liegenden Kraft: Wie bereits gesagt wurde, kannsich Cornelie dank ihrer mütterlichen Anlage als starke Frau behaupten. Doch ihreMütterlichkeit wird erst dann den eigentlichen Wert erreichen, wenn sie als eine in derFrau ruhende Kraft bewusst anerkannt wird. Diese These mag das folgende Zitatverdeutlichen:„Ich habe an Ihnen ein sonderbares Dahingleiten oder Dahinschweben über Schwierigkeitenbeobachtet, als handelten Sie in einem somnambulen Zustand, und das erleichtert Ihnenzweifellos vieles. Bei jedem Schicksalsschlag, in jedem Konflikt finden Sie gleichsam ineiner Akt Ekstase den Ausweg oder das Heilmittel, und seit längerer Zeit kommt es mir vor,als agierten Sie, ohne sich Rechenschaft zu geben, ganz wie – ja, verzeihen Sie! – wie eineMarionette, deren Fäden freilich ein Engel oder ein Heiliger in Händen hält. […] Der Engelwird die Fäden schon loslassen müssen, ob Sie diesen oder jenen Weg wählen wollen. Und284 Vgl. das Kapitel zu H. Lange und G. Bäumer.

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