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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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91dann jäh auf sich allein geworfen zu werden, ausgeschaltet zu sein […], bedeutet –Erkranken…“ (R. S. 187)Eine ähnliche Wirkung hat Muriel auf die sie umgebenden Menschen: sie zieht sie in ihrenBann, macht sie von ihrem Willen abhängig, zugleich aber garantiert sie ihnen das Gefühlder Geborgenheit und Sicherheit.Diese Widersprüchlichkeit Muriels kommt auch in ihrer Relation zur Gesellschaft zumVorschein. Muriel ist auf der einen Seite eine Dame von Welt, die allgemeineHochachtung und Respekt genießt, auf der anderen Seite wird die Abtrennung von derGesellschaft zu einer Voraussetzung ihrer Pädagogik: ihre Schule gründet sie deswegen ineinem abgelegenen Kloster.„Sie [Renée] hielt die Tatsache einer derartigen Weltverbundenheit zusammen mit derklösterlichen Lebensform dieses Aufenthalts [in Waldzella], und wieder fragte sie sich: Werist Muriel?“ (R. S. 22)Die Ambivalenz der Gestalt Muriels und ihr Einzelgängertum werden vielfach <strong>im</strong> Text aufdie „Weltfremdheit“ Muriels (M. S. 122) und auf eine zwischen ihr und der Realitätbestehende Kluft bezogen:„Muriel […] ist seltsam aus einer Vollkommenheit in eine andere geglitten. Es ist von ihr niedie Auseinandersetzung mit der Welt gefordert worden, die sie Rainer doch zumutet, […]War hier Widerspruch, - war hier schließlich auch Unzulängliches?“ (R. S. 148f.)Das Besondere an Muriels Stellung innerhalb der Gesellschaft besteht folglich darin, dasssie zugleich eine zentrale (was der Vergleich mit der Sonne mehrfach suggerierte) undperiphere Position innehat. Sie scheint an der bestehenden Ordnung beteiligt und zugleichaus ihr ausgegrenzt zu sein. Eine solche Verortung des Weiblichen lässt an die TheseGeorg S<strong>im</strong>mels von der ‚Peripherie’ des Weiblichen innerhalb der männlichen Systemedenken. 241Muriels Lebensfremdheit ist auch der Grund der Kritik, die Renée an ihrerPädagogik übt. Renée stellt den eigentlichen Kern ihres Erziehungskonzeptes nicht inFrage, sondern beurteilt das Endresultat als verfehlt. Den wichtigsten Kritikpunkt bildet241 Vgl. das Kapitel zu Georg S<strong>im</strong>mel.

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