11.07.2015 Aufrufe

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

209Ende des Textes offen bleibt und man das weitere Schicksal der Protagonistin nur ahnenkann, so mutet diese letzte Episode wie eine Suggestion an: das Entdecken der scheinbarverschütteten mütterlichen Veranlagung der Tänzerin, die Rückbesinnung auf dastraditionell Weibliche sei der richtige Weg, den Andrea anscheinend einschlagen soll.3.3.2.5 Die Tänzerin Fina aus Legende der FinaLegende der Fina (1929) ist ein kurzes Prosastück, das sich durch seine formaleAusgestaltung deutlich von <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> anderen Erzählungen abhebt. Während die Autorinin ihren meisten Texten eine realistische Darstellungsweise bevorzugt 399 , tritt in Legendeder Fina das Prinzip der Wahrscheinlichkeit des Dargestellten deutlich in den Hintergrund.Wie der Titel des Textes selbst suggeriert, handelt es sich hier mehr um eine Legende alsum eine wirkliche Geschichte: die Zeit der Handlung wird nicht näher best<strong>im</strong>mt, alsSchauplatz wird nur „San G<strong>im</strong>ignano…“ 400 , eine Stadt in der Toscana, genannt.Der literarischen Gattung der Legende zufolge kommt in dem Text auch dasWunderbare und Gehe<strong>im</strong>nisvolle zum Vorschein. 401 Die Hauptfigur trifft z. B. einenrätselhaften Wanderer, sie selbst verfügt auch über ungewöhnliche Eigenschaften – Finazieht Tiere an, die sich ihr ohne Angst nähern.Darüber hinaus ist nicht außer Acht zu lassen, dass sich die Erzählweise des Textesdes eines biblischen Gleichnisses nähert: das hier dargestellte Geschehen ist mehrsymbolisch als wörtlich zu verstehen 402 , deswegen kann man mit hoher Wahrscheinlichkeitannehmen, dass die Geschichte der Fina best<strong>im</strong>mte ethische Grundsätze vermitteln undnicht so sehr das Schicksal einer konkreten Gestalt versinnbildlichen soll.Mit einer nach den Gleichnissen aus dem Neuen Testament stilisierten Sprachewird das kurze Leben einer Hirtin, die zur Tänzerin wird, beschrieben. Dabei lassen sich indieser Schilderung ihres Lebensganges verschiedene Stationen erkennen: In dem Moment,als Fina zum ersten Mal einen Jungen küsst, geht auch symbolisch ihre Kindheit zu Ende.Das Mädchen verlässt ihre He<strong>im</strong>atstätte in den Bergen und zieht in die Welt hinaus. Sie399 Dass dieser Realismus ebenfalls mit dem Phantastischen einhergehen kann, bezeugen die Texte Spuk indes Wassermanns Haus oder Sommertage.400 <strong>Ina</strong> Seidel: Legende der Fina. In: (Dies.): Der vergrabene Schatz. Drei Erzählungen. Berlin 1929. S. 139-148, hier S. 139. Bei Zitaten aus dem Text wird die Seitennummer mit der Sigle I <strong>im</strong> laufenden Text inKlammern angegeben.401 Vgl. die Definition der Legende in: Michał Głowiński, Teresa Kostkiewiczowa i in.: Podręczny słownikterminów literackich. Warszawa 1996, s. 123.402 Vgl. das Schlagwort Parabel in: Michał Głowiński, Teresa Kostkiewiczowa i in.: Podręczny słownikterminów literackich. Warszawa 1996, s. 203.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!