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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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93Diese zwei Seiten der Mütterlichkeit manifestieren sich in Muriel. Die Bezüge Muriels zuder Großen Mutter lassen sich darüber hinaus in der Art und Weise feststellen, wie sie vonden anderen Figuren wahrgenommen wird: sie erweist sich z. B. als eine gehe<strong>im</strong>nisvolleGestalt, deren besondere Fähigkeiten sich nicht nur auf die Menschen erstrecken. So wirdz. B. Muriels Umgang mit Kindern und jungen Menschen von Renée charakterisiert:„hier spielte etwas Unwägbares mit, das Gehe<strong>im</strong>nis des sanften „richtigen Griffes“, das siePflanzen, Tieren und Kindern gegenüber besaß.“ (M. S. 251)Auch die äußere Erscheinung Muriels rückt sie in die Nähe der Großen Mutter:„Hatte es dieser Jahre der Trennung bedurft, um den Bann zu lockern, in den diese große, insich ruhende Frau sie einst geschlagen hatte, weniger, weil sie diesen Bann bewusst ausübte,als durch den Magnetismus, der von der Kraft ihres Wesens ausging, so wußte Renée jetztdoch, daß sie inzwischen so weit erstarkt war, daß sie sich nicht mehr blindlingsunterzuordnen brauchte.“ (M. S. 254)Muriel weist als eine „große, in sich ruhende Frau“ wiederum eine Verwandtschaft mitdem Bild der Großen Mutter auf, wie sie Georg S<strong>im</strong>mel evoziert. 245In diesem Sinne bezeichnet Michaela Muriel als „Magna Mater“ (M. S. 798) – dieGroße Mutter:„Sie habe es <strong>im</strong>mer empfunden, daß die Mütterlichkeit dieser Frau fast etwas Mythischeshabe, als müsse sie hinreichen, einen ganzen Stamm für Generationen mit dem Gefühl zudurchdringen, unter einem mächtigen Schutz, unter dem Walten eines umfassenden,vorsorgenden Willens zu stehen. Ein solches Gefühl, […] sei wohl einer der Ke<strong>im</strong>e, ausdenen Mythen entstünden, und es läge auch noch auf dem Grund von Religionen, die dasHauptgewicht auf eine andere Art menschlicher Zusammengehörigkeit legten als die derFamilie oder der Sippe, nämlich auf Brüderlichkeit und gegenseitige Verantwortlichkeit.Freilich bezögen die in der Gegenwart wirkenden Religionen sich alle eher auf einenmächtigen Urvater als auf eine Urmutter, und wo Muttergottheiten verehrt würden, und seies in noch so subl<strong>im</strong>ierter Gestalt, da sei wohl <strong>im</strong>mer ein stillschweigender Kompromiß inAnerkennung gewisser elementarer Bedürfnisse der Menschen vorauszusetzen.“ (M. S. 303)245 Vgl. das Kapitel zu G. S<strong>im</strong>mel.

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