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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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223noch jung, nur so sonderbar erdenentrückt, daß er erschrak, denn auf einmal fühlte er sichganz dieser Erde zugehörig, von der sie so abgewandt schien.“ (Z. S. 173)Die Erdgebundenheit der Frau ist demzufolge ein Garant der Machtposition des Mannes;sobald sich die Frau von der Erde entfernt, entgleitet sie seinem Machtanspruch.Die Hauptfigur gerät <strong>im</strong>mer wieder in Konstellationen, denen sie sich anzupassenversucht, als ob es kein Ausweichen aus der Männer-Welt wäre. Dass die Protagonistinvon der männlichen Welt gleichsam umkreist zu sein scheint, suggeriert besonders deutlichdie Szene, in welcher der Arzt Merula den Heiratsantrag macht:„[…] Eigentlich bist du ja der dritte“, sagte sie nach einer Weile sonderbar schleppend, alsspräche sie halb <strong>im</strong> Schlaf.[…] „Der dritte?“ fragte er, wenig beunruhigt. „Ja“, sagte Merula, ohne die Augen zu öffnen.„Ist es nicht bei jeder Frau so? Zuerst gibt es nur den Vater – und dann ist ja der Bruder –und dann kommt der dritte, und der bist du…“„Und dann?“ fragte Rasmus […]. Merula errötete ein wenig, aber sie schlug nun die Augengroß auf und strahlte ihn an. „Der Sohn!“ sagte sie, „Rasmus, der Sohn ist der vierte! –„Was?“ sagte Rasmus lachend, „einer nur? Söhne – Merula! Söhne!“ […] – sie nahm seineHand und zählte lächelnd an seinen Fingern ab: „Von zwei und vier kann es mehrere geben.Aber eins und drei, die hat eine Frau nur einmal in ihrem Leben – wenigstens ich, Rasmus,wenigstens ich…“ […]„Der fünfte“ - Merula hatte die Augen wieder geschlossen – „der fünfte – das könnte nur –Gott sein!“„Nur ein Gott?“ – Ramus lächelte.„Nein! Gott“ sagte Merula leidenschaftlich und fast inbrünstig: „Alle und Alles in einem:Gott!“ (Z. S. 290f.)Und als Rasmus Merula fragt: „Würdest du bereit sein, Merula?“ [ihn zu heiraten – N. N.],so reagiert sie auf folgende Weise: „Sie hob ihr Gesicht mit geschlossenen Augen zu ihmempor: „Heute – morgen – wann du nur willst“, flüsterte sie.“ (Z. S. 291) Diese hiergewählte Episode macht zunächst den Eindruck, dass die Figur der Klavierspielerin in demmännlichen Denken gänzlich befangen ist, was nicht nur ihr Wunsch nach einemmännlichen Kind beweist, sondern auch das überspitzte Verantwortungsgefühl für ihrenBruder, auf welches bereits hingewiesen wurde. Es lassen sich hier aber auch Textsignalefinden, die eine andere Auslegung ermöglichen. Merula spricht nämlich „sonderbar

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