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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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158(L. S. 381), fragt sich der unglückliche Vater George. Als sich Therese über den Sarg ihrestoten Kindes beugt, zeigt sich auf ihrem Gesicht lediglich „Fassungslosigkeit“ (L. S. 386).Man kann folglich die These aufstellen, dass Therese der Mütterlichkeitsinstinktfehlt und dass sie deswegen keine gute Mutter sein kann. Dieses Versagen als Mutterkönnte man dabei auf zweifache Weise erklären: Einerseits ist es auf ihreSelbstzentriertheit zurückzuführen, andererseits könnte das sich in ihr manifestierendeMännliche eine nicht geringe Rolle spielen.Die Selbstzentriertheit Thereses zeigt sich vor allem in ihrer Vergnügungssucht undihrer Promiskuität – sich gut zu amüsieren scheint das wichtigste Ziel ihres Lebens zu sein.Wie gesagt, veranstaltet sie oder besucht Partys, spielt mit ihrem Gatten und anderenMännern, je nach Laune ist sie zu Kompromissen bereit oder kompromisslos.Sie veranschaulicht eine äußerst egoistische Lebenseinstellung, wodurch sie sich auf dieSeite Reinhold Forsters (des Vaters von George), des Tyrannen und Despoten, stellt. DieWesensverwandtschaft zwischen ihr und Reinhold Forster suggeriert die BemerkungGeorges, dass„er nicht an den Vater denken konnte, ohne daß Therese dies staatliche Gestirn umkreiste –nicht sich in das Wesen seines Weibes versenken, ohne daß die gleiche Konstellation sichungerufen einstellte.“ (L. S. 264f.)Aber auch die Beschreibung der Verhaltensweise Thereses und des alten Forsters be<strong>im</strong>ersten gemeinsamen Treffen lässt sie als charakterverwandte Persönlichkeiten erkennen:sowohl Therese als auch der Vater genießen die gegenseitige Gesellschaft, sich dabei überGeorge lustig machend und ihn und seine Mutter demütigend:„[…] Dort standen der Vater und Therese. Hier stand George, den Kopf ein wenig gesenkt[…], Mutter und Schwester hinter ihm in der demütigen Haltung liebender Einfalt. Der Vaterlegte aber plötzlich den Arm mit einer großen Gebärde um Therese, die mit einem gurrendenLachen zu ihm aufsah, und mit der Linken erst auf sich selbst, dann auf den Sohn deutend,rief er […]: „Gegängelt, gegängelt, gegängelt ist er gegangen! Frauchen, Frauchen, nunkriegt sie die Zügel in die Hand! Hat sie auch die Forsche dazu?“ […] Er [George] ging insHaus zurück, von neuem betäubt durch diese Erinnerung, von der fürchterlichenBedeutsamkeit, die sie in seinen Augen gewann, je öfter er sie hin und her wandte: hier hatteer gestanden, allein, und dort – dort war Therese gewesen – Therese neben dem Vater.“ (L.S. 270f.)

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