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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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152inneren Gleichgewichts der weiblichen Figur: Elisabeth schreibt sich die Schuld an demTod ihres Bruders zu und kann nicht über die „Unversöhnlichkeit des geliebten Vaters“ (E.S. 121) hinwegkommen.Elisabeths Geschichte, ihr Schwanken zwischen Verweigerung und Anpassung andas von dem Vater symbolisierte System, lässt dabei an die Thesen derLiteraturwissenschaftlerin Sigrid Weigel denken:„In der männlichen Ordnung hat die Frau gelernt, sich selbst als untergeordnet, uneigentlich,und unvollkommen zu betrachten. Da die kulturelle Ordnung von Männern regiert wird, aberdie Frauen ihr dennoch angehören, benutzen auch diese die Normen, deren Objekt sie selbstsind. D. h. die Frau in der männlichen Ordnung ist zugleich beteiligt und ausgegrenzt.“ 331Die Frau, die an der patriarchalen Ordnung zugleich beteiligt und aus ihr ausgegrenzt sei –so Sigrid Weigel – sollte nicht eine Zersetzung dieser Ordnung anstreben, weil sie aufdiese Weise auch sich selbst zu zerstören versucht. 332 Es scheint, dass die völligeAblehnung des bereits Existierenden deshalb von <strong>Ina</strong> Seidel nicht begrüßt wird, weil sieeben auch die In-Frage-Stellung des weiblichen Erbes bedeuten würde. Und diesesweibliche Erbe sollte sich die Frau vielmehr zunutze machen: diese These bestätigtbesonders der Lebensweg Marias, Elisabeths Tochter.Wie bereits gesagt, bleiben Elisabeths Erfahrungen nicht ohne Einfluss auf die Artund Weise, wie sie ihre Mutterrolle zu bewältigen versucht. Elisabeth ist nämlich in ersterLinie „eine gute, eine peinlich gewissenhafte Mutter […]“:„In ihrer Art, die Kinder zu erziehen, muß eine gewisse rauhe Nüchternheit obwaltendgewesen sein, sie verlangte von ihnen die gleiche Pflichterfüllung und Pünktlichkeit, die ihrselbst, den dunklen Gewalten ihrer Natur gegenüber zum unentbehrlichen Halt und Schutzgeworden waren […].” (E. S. 53f.)Die Beziehung zwischen der Mutter und den Kindern ist von Abstand gekennzeichnet:„Wenn zwischen Elisabeth und ihren Kindern von früh an bei aller großen gegenseitigenLiebe doch ein eigentümlich unpersönliches Verhältnis bestanden hatte, so lag das nicht an331 Sigrid Weigel: Der schielende Blick. Thesen zur Geschichte weiblicher Schreibpraxis. In: Inge Stephan,Sigrid Weigel (Hrsg.): Die verborgene Frau. Sechs Beiträge zu einer feministischen Literaturwissenschaft.Berlin 1983, S. 83-137, hier S. 85.332 Vgl. Ebd.

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