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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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111Aufgabe der Mutter als Vermittlerin zwischen Kind und Gott macht <strong>Ina</strong> Seidel ebenfalls indem Aufsatz Frau und Wort aufmerksam:„Wir wollen auch nicht vergessen, daß es zu allen Zeiten die Mütter gewesen sind […], dieden Kindern den Sinn für die über uns waltenden Mächte, für die innere St<strong>im</strong>me und damitdas Vertrauen in eine göttliche Führung zu wecken berufen sind.“ 275Dieses Zitat verweist wiederum auf die Bindung der Mütterlichkeit an das Göttliche 276 : dieGestalt der Mutter scheint gleichsam zwischen dem Irdischen und dem H<strong>im</strong>mlischenbehe<strong>im</strong>atet zu sein und die Sphäre des Sacrum zu berühren. Für <strong>Ina</strong> Seidel liegt dieBegegnung mit der Heiligkeit in dem Wirkungsbereich der Mutter und ist insofernunentbehrlich, als es ihre besondere Berufung ist:„Die Erhaltung der Ehrfurcht vor dem Wunder der Schöpfung und dem Unerforschlichen,der sich dahinter verbirgt, liegt bei den Müttern und ist bei ihnen in guten Händen: dennwürde die Frau sich nicht selbst auslöschen, wenn sie vergäße, die heilige Flamme zu hütenund sie zu nähren?“ 277Die Vorstellung von der Mutter als Hüterin der „heilige[n] Flamme“ ist assoziativ mit demBild der Vestalin verbunden, der römischen Priesterin der Göttin Vesta, welche dasHerdfeuer <strong>im</strong> Tempel der Göttin hütete, das niemals erlöschen durfte. In diesem Sinne lässtsich eine weitere Ähnlichkeit der <strong>Seidels</strong>chen Mutter mit der Bachofenschen Hierophantinbemerken.Wie anfangs gesagt, ist der Mütterlichkeitsinstinkt das wichtigste Attribut vonCornelie, das eine unübersehbare Rolle nicht nur in der Beziehung zu ihrem Sohn, sondernauch zu ihrem Vater spielt. Eben in dem Verhältnis zum Vater nähert sich dieProtagonistin dem Ideal der ‚Mutter <strong>im</strong> Geiste.’Das Vater–Tochter-Verhältnis prägen von Anfang an äußerst intensive Gefühle:Während der alte General Cornelie <strong>im</strong>mer mit Abstand, Rigorosität und Disziplinbetrachtet, weil seine Liebe vor allem dem Kind aus seiner zweiten Ehe – der Tochter275 <strong>Ina</strong> Seidel: Frau und Wort. In: (Dies.): Frau und Wort. Ausgewählte Betrachtungen und Aufsätze.Stuttgart 1965, S. 9-17, hier S. 17.276 Sigrid Schmid-Bortenschlager spricht in Bezug auf Cornelie sehr treffend von der „transzendentenMütterlichkeit“. Sigrid Schmid-Bortenschlager: Besinnung auf Traditionen. He<strong>im</strong>at und Geschichte <strong>im</strong>Roman des frühen 20. Jahrhunderts. In: Gisela Brinker-Gabler (Hrsg.): Deutsche Literatur von Frauen.München 1988, S. 235-249, hier S. 245.277 Ebd. S. 17.

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