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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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110„[…] nur ein [Hervorhebung <strong>im</strong> Original] solcher Kult [einer Muttergottheit – N. N.] hatbeseelte und durchgeistigte Gestalt angenommen in der Marienverehrung der katholischenKirche” 272 .Der Dichterin zufolge habe hier ein Prozess der Verklärung stattgefunden, die auf dieWirkung des Geistes zurückzuführen sei. 273 Den mütterlichen Machtanspruchexemplifiziert indes auch die Mutter Gottes:„Weiß ich denn einen anderen Weg zu Gott, als den natürlichen, bin ich nicht, nur weil icheine Mutter war, zu der Kirche getrieben worden, in der sie, die Mutter, nach dem Sohneregiert?“ (W. S. 968).fragt sich Cornelie von Echter.Die Protestantin Cornelie will nämlich mit ihrem <strong>im</strong> katholischen Glaubenaufwachsenden Sohn konfessionell einig sein – ihre Konversion könnte aber auch andereGründe haben. Nicht zu übersehen ist, dass sich Cornelie, indem sie ihrem Sohn die Welt„vermittelt“ (W. S. 191), eine konkrete Funktion zuschreibt: offenbar will sie zu einer ArtVermittlungsinstanz zwischen dem Kind und dem Diesseits werden. Zwar wird diesePerspektive erst auf die „Welt“ (W. S. 191), also die nächst liegende Wirklichkeitbeschränkt, doch wird dieses Postulat durch den Konfessionswechsel Cornelies bestätigt.Infolge ihres Übertritts zum Katholizismus wird sie kennzeichnenderweise „der KinderZugang zur Schöpfung“ (W. S. 190), wodurch ihre Funktion als Vermittlerin wesentlichausgeweitet wird. Man könnte die Feststellung riskieren, dass hier der Mutter die Rolle derVermittlerin der Transzendenz zugeschrieben wird, worin sich wieder eine Affinität zu derBachofenschen Vorstellung von der Mutter als Hierophantin verzeichnen ließe. 274 Indem<strong>Ina</strong> Seidel „die priesterliche Stille der Mutter hervorhebt“ (W. S. 42), legt sie es nahe, dassdie Frau als Mutter in die Nähe der Priesterin rückt. Bedeutsam ist in diesem Kontext derfolgende Satz: „Es gibt … drei Kategorien von Frauen: Priesterinnen, Mütter … - und ebenSchauspielerinnen.!“ (W. S. 876) Dass die Rolle der Mütter mit der der Priesterineinhergehen kann, bestätigt die Tatsache, dass Cornelie für ihren Sohn die Vermittlerin desGlaubens sein möchte, sich also gewissermaßen zwischen ihn und Gott stellt. Auf die272 <strong>Ina</strong> Seidel: Mütterlichkeit - Brüderlichkeit. In: (Dies.): Frau und Wort. Ausgewählte Betrachtungen undAufsätze. Stuttgart 1965, S. 241-244, hier S. 243.273 Vgl. Ebd. S. 243.274 Vgl. das Kapitel zu Bachofen.

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