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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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166Es ist klar, dass der Ehemann für die Fürstin die Rolle des nächsten Menschen erfüllt;zwischen beiden besteht nicht nur eine geistige, sondern auch eine körperlicheGemeinschaft:„Ihre Ehe hatte nie etwas mit Vernunft und Übereinkunft zu tun gehabt. Sie war von Anfangan eine ganz und gar menschliche Angelegenheit gegenseitiger seelischer und körperlicherBedürftigkeit gewesen, ein wundervoller Fall von Aufeinanderangewiesensein, - eine Sache,so rar wie zwei Mandeln in einer Schale.“ (F. S. 15)Die Abwesenheit Michaels lässt Katharina fast krank werden, die Trennung bedeutet fürsie einen physischen Schmerz:„Schon eine Woche nach seiner Abreise hatte sie das ganze Glück ihrer beiden erstenEhejahre fraglich werden zu sehen gemeint. Der Abschiedsschmerz, ausgelebt bis in dieRaserei körperlicher Krisen hinein, über Weinkrämpfe und Fieberanfälle hinweg zu derwundervollen Gewißheit seelischer Unzertrennlichkeit dringend, - zu jenem Rauschübersinnlichen Verbundenheitsgefühls, der auch unglücklich Liebende beflügeln undbeseligen kann, - dieser Abschiedsschmerz war Wonne, war Entzückung gewesen […].“ (F.S. 6)Die innige Verbundenheit der Eheleute ist unumstritten. Die Tatsache, dass <strong>Ina</strong> Seidel hierauch auf den körperlichen Einklang zwischen Mann und Frau anspielt, ist eher untypischfür die Schriftstellerin, die die Fragen der körperlichen Anziehung in den meisten Textenumgeht oder nur indirekt andeutet. Dabei ist von Bedeutung, dass die Beziehung zwischenKatharina und Michael „so rar wie zwei Mandeln in einer Schale“ (S. 15) sei: somitsuggeriert die Schriftstellerin, dass jene körperliche und geistige Übereinst<strong>im</strong>mungzwischen Mann und Frau eine Seltenheit ist. Überraschend für die Leser <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong> kannauch die folgende Schilderung einer nächtlichen Szene wirken. Auf die Bitte seiner Frauhin lässt der Fürst für sie einen Knabenanzug anfertigen. In diesem Gewand stellt sichKatharina vor ihren Gatten:„[…] da kam in der Stille der Nacht ein solcher Taumel der Entrückung über sie beide, daßsie meinten, zum ersten Male vereinigt zu sein. Eine bezaubernde Fremdheit war plötzlichzwischen ihren einander so vertrauten Körpern eingebrochen; Spiel und Wirklichkeit

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