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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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50Das Besondere der Mutterliebe ist es darüber hinaus, dass sie es der Frau erlaubt, über dieGrenzen des Privaten hinauszugehen, weil sie von Natur aus <strong>im</strong> Stande ist, sich nicht nurum die eigene Nachkommenschaft zu kümmern, sondern ihrer mütterlichen Wirkung auchdie ganze Gesellschaft zu unterziehen. Grażyna Barbara Szewczyk verweist darauf, dassBachofens Werk „den Gedanken vom weiblichen Altruismus und ihrem Ursprungaufn<strong>im</strong>mt und entwickelt.“ 146 Laut Bachofen prädestiniert die Mütterlichkeit die Frau <strong>im</strong>besonderen Maße zur Wohltat, Hingabe, Pflege und Totenklage. Das moralisch Richtige istin ihrem Wesen gleichsam verankert. Markant ist es, dass Bachofen die Mutter-Kind-Relation als das Verhältnis bezeichnet, „an welchem die Menschheit zuerst zur Gesittungemporwächst.“ (B. S. X.) In diesem Sinne erweist sich die Mütterlichkeit als ein Garant derAnständigkeit, Humanität, Kultur und der Menschenwürde. Die Mütterlichkeit wird vonBachofen zu einem Kulturfaktor erhoben; sie ist nicht bloß eine ursprünglich in der Naturwurzelnde Macht, sondern es kommt ihr auch eine moralstiftende Funktion zu. Als einemoralstiftende Instanz in der Gesellschaft, als die Prämisse einer sittlichen Existenz, wirddie Mütterlichkeit von Bachofen <strong>im</strong>mer wieder gepriesen. Darüber hinaus vermag es dieMutter besser als der Mann, der Aufgabe der moralischen Erziehung gerecht zu werden.Nach Bachofen ist es eben den Müttern zu verdanken, dass das Menschengeschlecht dieerste, barbarische Etappe seiner Entwicklung verlassen und eine höhere Stufe erreichenkonnte, in der Sitte und Moral herrschten. Die Mutter als Trägerin dieser Ideen wird aufdiese Weise zur Hüterin der Moral, des Rechts und des Friedens, das Mütterliche entpupptsich als Quelle der staatlichen Ordnung und des Rechts, als ein sinnstiftendes undregelndes Prinzip.Dabei ist nicht zu übersehen, dass die Mütterlichkeit nicht nur einen ideellenCharakter hat, sondern dass sie auch in einem stofflichen Ursprung wurzelt. Bachofen hebthervor, dass „die Verbindung der Mutter mit dem Kinde auf einem stofflichenZusammenhange [ruht]“ (B. S. XXVII). Dem stofflichen Prinzip, der Erde ähnlich, ist dieMutterliebe „empfangend, hegend, nährend“ (B. S. XVIII). Diese stofflich-körperlicheKomponente gehört deswegen zum Erscheinungsbild der Großen Mutter: „Alle grossenNaturmütter führen eine doppelte Existenz, als Erde und als Mond“ (B. S. 37). Dass dieGroße Mutter zugleich Erde und Mond ist, verweist folglich auf die erotische Prägung dermütterlichen Gottheit.146 Grażyna Barbara Szewczyk: Der Mythos Mutterschaft zwischen Heiligkeit und Profanität. In: MirosławaCzarnecka (Hrsg.): Mutterbilder und Mütterlichkeitskonzepte <strong>im</strong> ästhetischen Diskurs. Wrocław 2000, S. 9-19, hier S. 11.

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