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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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17Dieses praktische Anwenden der Religion zeigte sich unter anderem in der ausgedehntenWohltätigkeit der Mutter. Trotz dieser distanzierten Einstellung zur Institution der Kirchewar es eben die Mutter, die zur ersten Vermittlerin des Glaubens wurde und <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong>Auffassung der Religion tief prägte. Emmy Seidel ist es auch zu verdanken, dass diespätere Dichterin ein tief persönliches Verhältnis zu Gott aufbaute:„Meine Mutter hatte mit uns Kindern <strong>im</strong>mer Gebete gesprochen, die sie selbst, unsererFassungskraft entsprechend, zusammengestellt hatte; sie hatte uns auch dazu angeleitet, unsmit eigenen Worten an Gott zu wenden.“ 61In diesem Zusammenhang ist noch darauf hinzuweisen, dass <strong>Ina</strong> Seidel viele Jahre Gottmit einer Frau gleichsetzte, wobei diese göttliche Überhöhung der Frau nicht ohneWirkung auf die spätere Entwicklung der Dichterin geblieben ist:„diese Vorstellung ging auf ein Bilderbuch zurück, indem es eine mit ihrem Kinde, das vorihr kniete, betende Mutter gab: ich hatte das so verstanden, als bete das Kind zu der Frau, vorder es da kniete.“ 62In die Braunschweiger Jahre fällt ebenfalls die Geburt des Bruders, der zwei Jahrenach <strong>Ina</strong> zur Welt kam. Willy Seidel (1887-1943) setzte die dichterische Tradition der<strong>Seidels</strong>chen Familie fort und wählte <strong>im</strong> späteren Leben auch die Laufbahn desSchriftstellers. Mit dem zwei Jahre jüngeren Bruder war die künftige Schriftstellerin <strong>Ina</strong>Seidel innig verbunden, seinen schriftstellerischen Versuchen kam sie <strong>im</strong>mer mitBegeisterung entgegen: „ich [war] doch von früh an gewohnt […], ihn als den Meister desWortes zu bewundern und anzuerkennen.“ 63 Seine Gedichte waren es, an denen <strong>Ina</strong> Seidelihre ersten lyrischen Exper<strong>im</strong>ente maß. Ein Jahr vor dem Freitod Hermann <strong>Seidels</strong>erschien in der <strong>Seidels</strong>chen Familie das letzte Kind: Annemarie (1894-1959), die spätereSchauspielerin und in zweiter Ehe die Frau des Verlegers Peter Suhrkamp. Wie GeorgSeidel, der Sohn <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong>, in seinen Erinnerungen behauptet, soll <strong>Ina</strong> Seidel ihrer MutterEmmy von all ihren Kindern am nächsten gestanden haben. 6461 <strong>Ina</strong> Seidel: Über das Vaterunser. In: (Dies.): Frau und Wort. Ausgewählte Betrachtungen und Aufsätze.Stuttgart 1965, S. 236-240, hier S. 237.62 <strong>Ina</strong> Seidel: Meine Kindheit und Jugend. Ursprung, Erbteil und Weg. Stuttgart / Berlin 1935, S. 80.63 Aus einer Tagebucheintragung <strong>Ina</strong> <strong>Seidels</strong>. In: Christian Ferber (Georg Seidel): Die <strong>Seidels</strong>. Geschichteeiner bürgerlichen Familie 1811-1977. Frankfurt / Main, Berlin, Wien 1982. S. 284.64 Ebd. S. 90.

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