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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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124persönliche Erwartungen, der uns erst fähig macht, den Erscheinungen liebend gerecht zuwerden.“ (E. S. 319f.)Und weiter heißt es um so deutlicher:„Ohne daß er es wußte, auf eine ganz natürliche Weise, geschah es, daß Hannes [MariasSohn – N. N.] ihr half, denn ihr Wunsch, bewusster mit ihm und für ihn zu leben, war hierdie Erfüllung eines Bedürfnisses, das sich dem Jungen aus seiner Entwicklung ergab.“ (E. S.320)Den angeführten Abschnitten lässt sich entnehmen, dass die Mutterrolle der Rolle derEhefrau vorausgehe und dass die Frau erst durch das Muttersein das wahre Glück findenkönne. Dabei ist es bedeutsam, dass die Frau zu diesem Schluss erst kommen muss:ähnlich Maria, die eine Art Illumination erlebt, was vorzugsweise das Wort „Licht“suggeriert. Um das ungetrübte Glück des Mutterseins genießen zu können, muss sich dieFrau dieser außergewöhnlichen Aufgabe bewusst werden.Es liegt hier die Schlussfolgerung nahe, dass die Erkenntnis der besonderenBerufung der Frau zur Mutterrolle zu einer Voraussetzung der weiblichen Selbstfindungüberhaupt wird.Dass der Reifeprozess der Frau erst dann vollzogen wird, wenn sie die Relevanzihrer Mutterrolle erblickt, ist in diesem Kontext vielsagend. Das Reifen bedeutet nicht nur,dass die Frau ihre Mutterrolle als eine Art Auszeichnung hinn<strong>im</strong>mt, sondern dass sie dankihrer mütterlichen Veranlagung dazu fähig wird, „auf persönliche Erwartungen“ zuverzichten. Die Mütterlichkeit wird dementsprechend nicht zum Selbstzweck, sondern zurGrundlage einer altruistischen Haltung: in diesem Sinne nähert sich Maria der starkenMutter Cornelie, die sich bereit zeigte, das Private aufzuopfern und ihre egoistischenAnsprüche zurückzustellen. Maria handelt auch <strong>im</strong> Einklang mit den Forderungen dergemäßigten Aktivistinnen der Frauenbewegung, laut denen die mütterliche Veranlagungdie Grundlage weiblichen Altruismus sei. 297 So wundert es auch nicht, dass die weiblicheProtagonistin, die zur Trägerin dieser Idee wird, den sprechenden Namen Maria hat:ähnlich der Muttergottes ist Maria nur noch für ihren Sohn da, das Muttersein bedeutet fürsie eine besondere Auszeichnung.297 Vgl. das Kapitel zu Lange und Bäumer.

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