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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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191an: „Rein, kühl und silbern aber war Mathilde gewesen […]. Ein Sternbild, gelassenthronend über der planlosen Triebhaftigkeit der Menschen […]“ (C. S. 280). 377Die Kunst wird jedoch zu einem Verhängnis, dem sie nicht entkommen kann, weilLeben und Kunst zwei separate Bereiche bilden, die sich gegenseitig ausschließen. Darinbesteht eben die Tragik Mathildes, dass sie sich als Frau <strong>im</strong>mer nach der Liebe sehnen undals Künstlerin ständig vor ihr fliehen wird. Dieses Dilemma der schaffenden Frau bringtRoubroucq zum Ausdruck:„Warum betrügst du dann dich selbst? Es gibt keinen anderen Weg der Vollendung für dich.Und wo du liebst, wirst du die Menschen an dich reißen und sie wieder verlassen.“ (C. S.230)So wundert es in diesem Kontext nicht, dass sich die Best<strong>im</strong>mung des Menschen zumKünstler als „Fluch“ (C. S. 230) erweist. Es ist hier nicht zu übersehen, dass dieser Fluchverschiedene Konsequenzen für den weiblichen und den männlichen Künstler hat: dennwährend Roubroucq Mathilde davon überzeugen will, dass sie beide als Künstler einähnliches Schicksal ertragen müssen, entgegnet ihm Mathilde auf folgende Weise:„[…] aber ich kann mich erlösen, Roubroucq! […] Ich bin nicht deinesgleichen. Ich bin eineFrau. Und was du dir dienend erzwingen müßtest, das Leiden um die Geliebten, dem du dichentziehen kannst – mir ist es angeborene Verpflichtung – und Gelübde – und Fluch – wie dasandere. Ich muß sie beide erfüllen, als wären sie eins, Roubroucq. Roubroucq – und so werdeich leiden…“ (C. S. 231)Die für die Frau typische Leidensfähigkeit gibt ihr die nötige Stärke, den ihrvorbest<strong>im</strong>mten Weg hinzunehmen: Nicht zufällig trägt die Protagonistin den sprechendenNamen Mathilde: „’Heißt du nicht Mathilde?’ kam die Antwort. ‚Heißt das nicht dieStarke?’“ (C. S. 216)Die der Frau angeborene Fähigkeit zum Leiden 378 macht den grundlegendenUnterschied zwischen dem männlichen und dem weiblichen Künstler aus und verweistzugleich auf die <strong>Seidels</strong>che Auffassung der Geschlechter, die vom Differenzdenkenbest<strong>im</strong>mt ist. Daher muss die weibliche Kunst anders als die des Mannes sein, wobei die377 Dass die Frau <strong>im</strong> besonderen Maße dazu befähigt ist, dem Sinnlichen zu entsagen und eine reine Existenzaufzubauen, betont G. S<strong>im</strong>mel. Siehe mehr dazu <strong>im</strong> Kapitel zu G. S<strong>im</strong>mel.378 Darauf, dass das Leiden und die Gespaltenheit in das Wesen des weiblichen Künstlers gleichsameingeschrieben sind, verweist Gertrud Bäumer. Siehe Kapitel zu G. Bäumer.

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