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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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181Auf die Leichtigkeit von Delphines Wesen weist auch Christoph hin, indem er folgendesbeobachtet: „Leicht, wie dahinwehend, schreiten die Töchter des Windes!“ (W. S. 795).Ähnlich wie <strong>im</strong> Falle der Tänzerin Andrea aus Der vergrabene Schatz wird Delphinestänzerisches Wesen zum Indiz für ihre Ungebundenheit – nichts desto weniger legt auchder Name ‚Delphine’ ihre ‚fließende’ Eigenart, die Bewegungsfreiheit der Protagonistin,nahe. Daher entzieht sich Delphine der mütterlichen Wirkung Cornelies, mit welcher Frauvon Echter Delphine an sich binden will: „[…] es ist, als lebte sie hinter einer gläsernenWand.“ (W. S. 310). Sie weigert sich auch, Christophs Frau zu werden:„[…] wie einst entzog sie sich ihm dennoch fortwährend, war von ihm geschieden wie durchgläserne Wände, war von täglich neu beunruhigender Widerspenstigkeit gegen denandrängenden Strom seines eigenen Wesens, der sie in sich aufnehmen wollte.“ (W. S. 732)Dass Delphine wie hinter einer „gläsernen Wand“ ist, deutet anscheinend darauf hin, dasssie als Frau unfassbar, nicht zugänglich ist – dass sie sich eben nicht festbinden lässt.Frappant ist darüber hinaus, dass sich in Christophs Einstellung zu Delphine derWunsch bemerkbar macht, die von ihr repräsentierte ungezähmte Weiblichkeit zubezwingen – dieses Wunschdenken des Mannes bezeugt vor allem das folgende Zitat:„[…] und er, Christoph, gleichbedeutend war mit Hölkewiese, Preußen, Mainz,Deutschland, Delphine aber mit allem, was er in der gehe<strong>im</strong>en Formel erster Kindheit unterdiesem „der Bonaparte“ zusammenzufassen gewohnt war. […] Er, der Delphine mit warmerunwiderstehlicher Gewalt nahm und überwindend mit sich vereinigte, sie, die bezaubernd,hell und süß und gefahrdrohend wie der Ruf französischer Clairons doch überwältigt werdenmußte, der nicht gefolgt und gedient werden durfte.“ (W. S. 910f.)Als „gefahrdrohend“ wird Delphine in die Nähe einer femme fatale gerückt – ihreVerwandtschaft mit diesem literarischen Frauentypus suggeriert auch der Vergleich miteinem Seelenvampir: „Sie – sie trinkt ja von ihm, trinkt ihm das Herz leer…“ (W. S. 1030)und einer „Sphinx“ (W. S. 929).Wie gesagt, will der Mann die Protagonistin zähmen – in dem Wunsch nach der Zähmungder gefährlichen Weiblichkeit manifestiert sich die Überzeugung des Mannes, dass dieFrau sein Besitz ist: „Hatte sie sich nicht an die von ihm gegebenen Vorschläge zu halten?“(W. S. 801)

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