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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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153dem herkömmlicherweise zwischen den Generationen gewährten Abstand; dieZurückhaltung dieser Kinder hatte von jeher eine Be<strong>im</strong>ischung weniger von Scheu als vonRücksicht, wie sie der <strong>im</strong>mer wieder sich rätselhaft verdunkelnde und von unergründlicherTraurigkeit überschattete Gemütszustand der Mutter erforderte.“ (E. S. 204)Es wird klar, dass Elisabeth unfähig ist, ihren Kindern mit mütterlicher Wärme zubegegnen. Auch wenn sie von einer „naturhaften Mütterlichkeit“ (E. S. 230) charakterisiertwird, wird das Muttersein für sie zu einer Pflicht, der sie auf jeden Fall gerecht werdenwill, und nicht zu einer Lebensaufgabe.Ähnlich wie ihre Mutter Charlotte, die kein inniges Verhältnis zu ihrer Tochteraufbauen konnte, verhält sich jetzt Elisabeth ihrer eigenen Tochter Maria gegenüber.Zwischen Mutter und Tochter besteht eine Distanz, die am deutlichsten dann sichtbar wird,wenn sich Maria mit ihren Liebesproblemen nicht an die Mutter, sondern an dieGroßmutter Charlotte wendet. Elisabeth kann nicht die Selbsterfüllung in der Mutterrollefinden, ihr Umgang mit den Kindern weist vielmehr darauf hin, dass ihr die Mutterrollefremd wird:„Sie war niemals hart mit ihnen, aber die trockene Sachlichkeit, die ihren Ton fast <strong>im</strong>merbest<strong>im</strong>mte, dämpfte in ihrer Gegenwart das lebhafte und heitere Temperament, das dochvorherrschend <strong>im</strong> Wesen dieser Kinder war […]. Sie war wie durch eine Glasscheibe vonihnen getrennt – aber darüber nachzudenken bedeutete, sich in einem Labyrinth zu verlieren,wo Dämonen Gewalt über sie bekamen. Es war nur die Arbeit, die sie schützen konnte,einzig der eng abgesteckte Weg der Pflicht, den sie einzuhalten hatte jahrein, jahraus, umnicht von neuem in Sünde zu fallen und das ihr anvertraute Leben mit in den Abgrund zureißen.“ (E. S. 54f)Diese sachliche Einstellung zu den Kindern scheint für die Protagonistin eine ArtAbwehrhaltung zu sein. Dabei wird deutlich, dass solche pflichtgemäße, das Gefühlvolleablehnende Verhaltensweise der Gegensatz zu Elisabeths früherem Benehmen ist: währendsie sich in ihren Jugendjahren von ihren Gefühlen beherrschen ließ, zeigt sie sich in derBeziehung zu eigenen Kindern als eine peinlich vernünftige, emotionslose Mutter.Dass für die Autorin <strong>Ina</strong> Seidel die Mutterrolle in die Natur der Frau eingeschriebenist, soll in diesem Kontext noch einmal hervorgehoben werden: man könnte sagen, dass diemütterliche Veranlagung ein typisch weibliches Erbe ist. Diese These untermauernvorzugsweise die letzten Sätze des Romans Das unverwesliche Erbe:

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