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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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81Aber auch die Einführungsepisode weist darauf hin, dass Brigittes Mütterlichkeit dasprägende Merkmal ihres Wesens ist. Auf folgende Weise wird Brigitte von ihrer FreundinElsabe charakterisiert:„Alle deine Sinne mit ihrer frischen, unberührten Kraft, nur auf das Leben gerichtet, nur aufErde, Früchte, Vieh und Kinder -, ja, verstehst du mich denn, du, du Leben, Leben, das ichnicht habe…“ (H. S. 16)Diese hier auf Kontrast zielende Beziehung zwischen Elsabe, die <strong>im</strong> Sterben liegt, undBrigitte, die das Leben ‚auszustrahlen‘ scheint, lässt die Behauptung zu, dass BrigittesMuttersein eigentlich das Sein bedeutet, dass es die innigste und wichtigste weiblicheErfahrung ist, die das wirkliche Leben ermöglicht. So fragt sich in diesem Sinne Brigitte:„Was auf der Welt konnte denn schöner sein als so eine Kinderstube voll tastenden,tappigen Lebens. Und das Kleinste noch nahe, befriedigt schluckend und schnalzend, eng anihrer Brust, als gehörte es noch ganz zu ihr!“ (H. S. 23)Folglich wird das Muttersein als das höchste Glück überhaupt dargestellt, das den Sinn derExistenz ausmacht; in dieser Erfahrung kann die Frau anscheinend sich selbstverwirklichen. Der Zustand der Unfruchtbarkeit erweist sich deswegen als eine ArtStörfaktor, der die Frau aus dem seelischen Gleichgewicht bringt: „Und das war’s, das warihrer Unrast Herd! So jung und gesund zu sein und kein Kind mehr haben zu können!“ (H.S. 78)Die hier angeführten Zitate machen ebenfalls darauf aufmerksam, dass dasMuttersein nicht so sehr eine psychische, sondern vielmehr eine physische Erfahrung ist:auffallend in den zitierten Abschnitten ist, dass sie die Rolle des Körpers hervorheben. Eshandelt sich nämlich um „tastende[s], tappige[s] Leben“, um „schluckende“ und„schnalzende“ Kinder und um die Jugend und Gesundheit. Diese körperliche Komponenteder Mutterschaft mag am besten das folgende Zitat veranschaulichen:„Und das Kleinste noch nahe, befriedigt schluckend und schnalzend, eng an ihrer Brust, alsgehörte es noch ganz zu ihr! Er faßte derb an, biß er nicht manchmal sogar mit seinen festen,glatten Kieferchen, der Junge? „Junge!“ rief Brigitte, „wirst du wohl!“ und zog ihm eineüber. Aber <strong>im</strong> Grunde, wie wohl das tat, ihn noch zu spüren, hungrig, durstig nach ihremFleisch und Blut […].“ (H. S. 23)

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