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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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44Mutterrecht galt, nennt der Forscher u. a. die Lyker, Karer und Arkader, wobei erhervorhebt, dass das Mutterrecht nicht die Erfindung einiger Völker ist, sondern denCharakter einer allgemeinen historischen Epoche hat. In seinen Ausführungen bezieht sichder Forscher nicht auf geschichtliche Zeugnisse und Unterlagen, sondern benutzt alsGrundlage seiner sorgfältigen Analyse Mythen und Symbole der Griechen, Ägypter undRömer, weil er in den literarischen Quellen die Bestätigungen seiner Thesen findet. Diemythische Überlieferung war laut ihm der „getreue Ausdruck des Lebensgesetzes jenerZeiten“ (B. S. VII), der Mythos selbst sollte für die Echtheit des Mutterrechts bürgen, weilder Ursprung nicht nur in der Geschichte, sondern auch <strong>im</strong> Mythos liege.Wie gesagt, kann man laut dem Forscher die Geschichte des Menschengeschlechtsin drei Perioden unterteilen: die erste und ursprünglichste Zeit bildet „regellose[r]Hetärismus“ (B. S. XXVII), welchem die eben erwähnte Periode des Mutterrechts folgte,die wiederum durch das Zeitalter der Paternität (Bachofen benutzt die BezeichnungPatriarchat, bzw. patriarchalische Ordnung nicht), verdrängt wurde. Jeder der drei Epochenordnet Bachofen ihr eigenes Symbol zu, jeweils einen anderen H<strong>im</strong>melskörper, der einebesondere Bedeutung für die best<strong>im</strong>mte Epoche hatte. So war der Hetärismus tellurisch(mit der Erde verbunden), das Mutterrecht lunarisch (zum Mond gehörig) und dasVaterrecht solarisch (der Sonne verpflichtet). Diese Bezeichnungen spielen darauf an, inwelchem Maße eine Mutter die Vaterschaft ihres Kindes best<strong>im</strong>men konnte, d. h.inwieweit sie sich dem männlichen Licht – dem Mond oder der Sonne – näherte.Die ursprünglichste Epoche, der Hetärismus, war die Periode einer anarchischenVorherrschaft weiblichen Geschlechts, gekennzeichnet durch Promiskuität und Treue zuder wilden, ungezähmten Natur, bei der die Best<strong>im</strong>mung der väterlichen Herkunft desKindes keine Bedeutung hatte. Aus diesem Grunde wurde der Hetärismus mit der Erdeassoziiert, die das ‚dunkle’, von keiner Lichtquelle durchdrungene Wissen um dieVaterschaft symbolisiert.Diese „wilde Sumpfvegetation“ (B. S. XXIX) wurde durch die zweite Epoche, dieEtappe des Mutterrechts überwunden, der sog. Gynaikokratie, in welcher „die strengeZucht des Lebens“ (B. S. XIX) der sexuellen Freizügigkeit der Frauen Einhalt gebot. DerDurchbruch zu einer neuen Entwicklungsstufe gelang durch die Einführung der Institutionder Ehe, die für die Zähmung der hemmungslosen Sexualität des Hetärismus sorgte. DieGynaikokratie bedeutete die Fortsetzung der weiblichen Regentschaft, die diesmal als die„Herrschaft des gebärenden Leibes“ (B. S. XIX) verstanden wurde. Das mutterrechtlicheSystem charakterisierte darüber hinaus die Treue zur kultivierten Natur, die durch Ähre

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