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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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243Selbstfindung. Dabei wird der Mutterinstinkt auf zweifache Weise aufgefasst: zum einenist er ein elementarer Trieb, der <strong>im</strong> Stofflichen seinen Ursprung hat, was in Anlehnung anBachofen symbolisch durch die Verbundenheit mit der Erde zum Ausdruck gebracht wird;zum anderen kann er in einer subl<strong>im</strong>ierten Gestalt, als die ‚geistige Mütterlichkeit‘,auftreten. Wie am Beispiel Cornelies aus dem Wunschkind, Muriels aus Renée und Rainerund Marias aus Das unverwesliche Erbe dargestellt, ist die Mutterschaft für die Dichterin<strong>Ina</strong> Seidel keineswegs lediglich eine biologische Tatsache. Auch eine nicht biologischeMutter, wie die Klavierspielerin Merula aus dem Roman Der Weg ohne Wahl, kann eine‚Mutter <strong>im</strong> Geiste’ sein, allerdings unter der Bedingung, dass sie zugleich als Frau rein undkeusch ist. Laut <strong>Ina</strong> Seidel muss jedoch der elementare, triebhafte Mutterinstinkt auf einehöhere Entwicklungsstufe angehoben und von den biologischen Einschränkungen befreitwerden. Mit Bachofen teilt <strong>Ina</strong> Seidel die Überzeugung, dass das <strong>im</strong> Stofflichenverwurzelte Mütterliche entwicklungsunfähig ist – das Körperliche hält die Frau aufgewisse Weise gefangen und hindert sie an ihrer weiteren Entwicklung. Daher muss derelementare Mutterinstinkt von der biologischen Verstrickung losgelöst werden, die Frausollte eine Veredelung ihrer Natur anstreben. Seidel modifiziert also das KonzeptBachofens, indem sie der mütterlichen Frau die Entwicklungsfähigkeit nicht abspricht, wiees der Schweizerische Forscher tat, sondern vielmehr die Notwendigkeit der weiblichenReifung betont. Auf diese Weise schreibt sie sich unter die Programmatik deskonservativen Flügels der Frauenbewegung ein, wobei sie jedoch das Stoffliche nichtvöllig verdrängen will. Vielmehr sollte der Instinkt als eine Art Basis dienen, auf der die‚geistige Mütterlichkeit‘ aufgebaut wird – das Stoffliche gilt <strong>im</strong>mer als Ausgangspunkt derweiblichen Entwicklung.Dank der Subl<strong>im</strong>ierung der natürlichen Mütterlichkeit kann die Frau die Ebeneeiner ‚vergeistigten’ Mütterlichkeit erreichen; der Trieb muss veredelt werden, weil er erstin dieser vervollkommneten Gestalt stärker und wirkungsvoller als der natürliche Instinktist. (Was das Schicksal Cornelies aus dem Wunschkind wohl am deutlichsten zumAusdruck bringt). Von besonderer Relevanz ist es, dass die Mütterlichkeit als eine in derFrau ruhende Potenz dargestellt wird, als ein spezifisch weibliches Erbe, aus welchem manschöpfen soll, anstatt es abzulehnen. (Maria und Elisabeth in Das unverwesliche Erbe). DieMütterlichkeit als eine besondere weibliche Disposition bedarf indes der Akzeptanz, um zuvoller Entfaltung zu gelangen. Erst durch einen willensmäßigen und reflektierten Einsatzdes Mütterlichen kann diese besondere weibliche Stärke an Intensität gewinnen und denmütterlichen Wirkungsraum wesentlich erweitern. Die Frau muss sich also dessen bewusst

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