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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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122Charlottes Erbin ist Maria auch <strong>im</strong> geistigen Sinne: sie besitzt nämlich einursprüngliches inneres Verhältnis zur Religion und ist das Beispiel eines „erblichenGnadenstandes“ (E. S. 57). Die Fragen des Konfessionswechsels, die ihre Mutter Elisabethquälen, sind deswegen für sie nicht von so großer Bedeutung. Maria ist die Vertreterineiner naiven Glaubenshaltung, die es ihr erlaubt, sich dem Leben mit Gelassenheit zustellen:„Es war etwas des Inhaltes gewesen, daß sie, Maria, nichts dabei finden würde, wenn dieMutter zum Glauben ihrer Jugend zurückkehren und sich dadurch mit ihren Eltern versöhne;besser, als daß sie <strong>im</strong>mer so traurig wäre oder gar krank darüber würde. Die Hauptsache seidoch, daß man an Gott und Christus und den Heiligen Geist glaube, und sie wisse, das tätendie Katholiken auch, hatte sie in naiver Altklugheit hinzugefügt.“ (E. S. 92)Dieser naiven Glaubenshaltung, die sie als Kind vertritt, folgt Maria auch als eineerwachsene Frau: als ihr <strong>im</strong> protestantischen Glauben aufwachsender Sohn Hansjakobseiner katholischen Urgroßmutter Charlotte he<strong>im</strong>lich in den Dom folgt und als er dann vonseiner Großmutter Elisabeth gewaltsam aus der Kirche herausgeschleppt wird, zeigt Mariakeine Empörung und keinen Ärger über das Missverhalten des Sohnes, sondern reagiertmit Heiterkeit.Dieses ausbalancierte und gelassene Verhältnis zur Religion geht mit MariasCharakter einher: sie besitzt einen „hohen Grad harmonisierender Eigenschaften“ (E. S.222); Ausgeglichenheit, Unbekümmertheit und Harmonie sind ihre charakteristischenAttribute. Marias inneres Gleichgewicht manifestiert sich auch in ihrem Aussehen:unvergleichlich ist das „Ebenmaß ihrer Bewegungen“ (E. S. 53). Diese Merkmale lassensie als Gegensatz ihrer Mutter Elisabeth wahrnehmen, welche „den dunklen Gewalten ihrerNatur“ (E. S. 54). ausgeliefert war. Als ein einheitliches Wesen versinnbildlicht Mariaauch Eigenschaften, die S<strong>im</strong>mel als typisch weiblich kennzeichnet. 294Marias innere Ruhe beweist ebenfalls ihre Einstellung zu der Erziehungsmethodeder Urgroßmutter Charlotte, die ihren Enkel Hansjakob zum Begleiter ihrer <strong>im</strong>aginiertenGespräche mit den Geistern verstorbener Familienmitglieder macht. Während dies fürMaria nichts Unanständiges ist, kann ihre Mutter Elisabeth eine solche Verhaltensweisenicht akzeptieren. Mit derselben Gemütsruhe und einer „schöne[n] Unbefangenheit“ (E. S.294 Vgl. das Kapitel zu Georg S<strong>im</strong>mel.

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