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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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140Grafen eine Intrige spinnt, will sie verhindern, dass jemand ihnen zuvorkommen und sieum den künftigen Ruhm bringen könnte: „Uns sollen sie es danken, - u n s …“[Hervorhebung <strong>im</strong> Original – N. N.] (F. S. 90)Man könnte also annehmen, dass Katharina nicht so sehr eine Fehlhandlung begeht,indem sie sich für das Wohl ihres Vaterlandes engagiert, sondern dass sie vielmehr dieseEntscheidung aus falschen Gründen trifft. Obwohl die Idee selbst, die Rettung desVaterlandes, wie <strong>Ina</strong> Seidel betont, „ein überpersönliches Ziel“ 318 sei, so scheint es, dassdieses Ziel für die Fürstin eben zu einem persönlichen wurde. In diesem Sinne hat dieFürstin gegen ihre mütterliche Natur verstoßen, die sie zu einem überpersönlichen Handelnprädestiniert. Darin, dass die Fürstin nicht ihrer weiblichen Veranlagung zum selbstlosenVerhalten gerecht wurde, scheint auch die Tragik der Hauptfigur zu liegen, auf welche <strong>Ina</strong>Seidel selbst hingewiesen hat.Eine weitere Erklärung für das Scheitern der Fürstin als Heldin und Mutter könnteman darin sehen, dass sie nicht nur auf die Entfaltung ihrer von der Natur gegebenenFähigkeiten verzichtet, sondern auch oder vor allem dem männlichen Teil ihres Selbst denVorrang einräumt. Wie schon bemerkt, zeigt Katharina Interesse für ‘männliche’Angelegenheiten, wie den Krieg; ihr Geist wird auch als „knabenhaft“ (F. S. 19)bezeichnet, „knabenhaftes Draufgängertum“ (F. S. 26) sei ein weiteres Merkmal ihresCharakters. Darüber hinaus verweisen die Formulierungen „Steppenprinz“ (F. S. 56) und„Mädchenknabe“ (F. S. 51), die in Bezug auf Katharina verwendet werden, auf diemännliche Prägung ihres Wesens. Frappant ist auch, dass das Äußere Katharinas sie nichtals ‚weiblich’ <strong>im</strong> weiteren Sinne dieses Wortes, sondern eher männlich wirken lässt:„’Ich weiß, - ich bin nicht schön’, sagte Katharina Romanowna demütig-schelmisch.„’Böse! Wer sollte das sagen? Aber Ihre Schönheit ist keine Frauenschönheit, chérie!’“ (F.S. 56)“stellt kennzeichnenderweise die Großfürstin fest. Auch Katharinas Körperbau zeichnet eine„Herbigkeit“ (F. S. 19) aus. 319318 <strong>Ina</strong> Seidel: Abendgang durch Berlin. In: (Dies.): Dichter, Volkstum und Sprache. Ausgewählte Vorträgeund Aufsätze. Stuttgart / Berlin 1934. S. 213-230, hier S. 217.319 Solches Konzept der Hauptgestalt, die in sich sowohl das Weibliche als auch das Männliche zu vereinigenscheint, lässt auch an das Ideal der Androgynie denken.

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