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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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247Glücks. Alle diese Frauen, die sich nicht der mütterlichen Veranlagung ‘bedienen‘ oder dieMütterlichkeit ‚beiseite legen‘, um an ihr Ziel zu gelangen, scheitern, oder werden alsunglücklich vorgeführt. Im Vergleich zu ihnen werden die Mütter, die bewusst oderinstinktvoll ihre Mütterlichkeit ausleben, als eine Art Siegerinnen dargestellt, die überlebendürfen und <strong>im</strong> Einklang mit sich und der Welt leben können, auch wenn sie dies mitAufopferung und Hingabe bezahlen müssen.Dank dieser mütterlichen Stärke vermag es die Frau jedoch, sich einen <strong>im</strong>merbreiteren Bewegungsraum zu verschaffen. Diese Erweiterung ihres Einflusses ist vor allemdank der Subl<strong>im</strong>ierung der elementaren Anlage zur Mütterlichkeit möglich. Die triebhafteMütterlichkeit muss auch deshalb subl<strong>im</strong>iert werden, weil sie sich nur auf denunmittelbaren Lebenskreis, den familiären Raum der Frau, auf die Nachkommen,beschränkt. Um diesen Kreis zu vergrößern, wird die mütterliche Frau dazu aufgefordert,über die rein biologische Mutterschaft hinauszugehen, sich von dem Biologischen nichtdeterminieren zu lassen. Diese Ausweitung der mütterlichen Wirkung lässt sich dabei alsein Versprechen der Macht lesen: es ist unbestritten, dass die <strong>Seidels</strong>chen Mütter sich aufden ersten Blick als selbstlos, altruistisch und aufopferungsfähig zeigen. Bei genaueremHinsehen erweist sich freilich, dass ihre Handlungen oft von Machtsucht best<strong>im</strong>mt werden.Das signifikanteste Beispiel ist Cornelie aus dem Wunschkind, der Machtanspruch machtsich jedoch ebenfalls <strong>im</strong> Falle Muriels (Renée und Rainer), Katharina Romanownas (DieFürstin reitet) oder Brigittes (Das Haus zum Monde) bemerkbar. Auch die Bindung derMütterlichkeit an die Transzendenz, die Evozierung des Bildes der Mutter als Mediatrixzwischen Diesseits und Jenseits lässt sich als Machtwunsch auslegen. DiesesMachtbestreben manifestiert sich in den analysierten Werken auf eine indirekte Weise –wie Sigrid Schmid-Bortenschlager konstatiert, handelt es sich in Bezug auf DasWunschkind vielmehr um einen Subtext. 450 Diese These kann man auf die anderen<strong>Seidels</strong>chen Texte beziehen. Es drängt sich hier der Gedanke auf, dass die Autorin eineverdeckte Botschaft übermitteln will, die bei einer nur oberflächlichen Lektüre ihrer Werkeverloren gehen kann.Dieses literarische Verfahren steht dabei <strong>im</strong> Einklang mit der Behauptung, dass diebestehende patriarchalische Ordnung keineswegs durch eine direkte Auflehnung der Frauoder durch radikale Umgestaltung verändert werden kann, sondern dass die Frau nur zu450 Sigrid Schmid-Bortenschlager: Besinnung auf Traditionen. He<strong>im</strong>at und Geschichte <strong>im</strong> Roman des frühen20. Jahrhunderts. In: Gisela Brinker-Gabler (Hrsg.): Deutsche Literatur von Frauen. München 1988, S. 235-249, hier S. 245.

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