11.07.2015 Aufrufe

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

102zum Ausdruck: „Ich bin ja doch wohl zu nichts anderem best<strong>im</strong>mt als eben nur eine Mutterzu sein.“ 253 Zum eigentlichen Antrieb ihrer Handlungen wird der Mutterinstinkt, mit demsie nicht nur ihrem Kind Christoph, sondern auch den Menschen aus ihrer unmittelbarenNähe, darunter vor allem ihrem Vater, dem General von Tracht, begegnet.Dass der Mutterinstinkt Cornelies Hauptzug ist, legt bereits die Anfangsepisode desRomans nahe: obwohl ihr erster Sohn gerade hingeschieden ist, gibt sich Cornelie derVerzweiflung nicht hin und fordert gleichsam den Tod heraus, indem sie ihren Mann zudem letzten Liebesakt bringt. Ihr Mutterinstinkt wird zum Sinnbild eines fastübermenschlichen Lebenswillens, dank welchem die Frau einen Sieg über den Toddavonträgt, indem sie das Fortleben des Vaters in seinem Sohn garantiert. So gesehenerweist sich der mütterliche Instinkt als eine besondere weibliche Stärke, die die Grenzedes scheinbar Unmöglichen überschreiten lässt:„Mit schaudernder Ergriffenheit sah sie auf das kleine Haupt des Knaben an ihrer Brust: dawar er, da atmete er, Fleisch und Blut geworden aus Wille und Wunsch, Leben, dem Todeabgetrotzt, abgelistet mit der verzweifelten, dunklen Kraft ihrer Seele in jenerAbschiedsnacht. Wunschkind nannte sie ihn in der Stille.“ (W. S. 58)Nichts desto weniger wird diese ungewöhnliche Disposition durch den Namen derProtagonistin suggeriert: Cornelie bedeutet nämlich so viel wie „stark wie ein Horn.“ 254Dass der Mutterinstinkt eine besondere Willensanstrengung ermöglicht undangesichts des Todes eine ungewöhnliche Motivation zum Handeln verleiht, bestätigtebenfalls die Episode, in welcher Cornelie ihre <strong>im</strong> Wochenbett gestorbene SchwesterCharlotte mit dem neu geborenen Kind findet. In diesem Moment empfindet Frau vonEchter „weder Mitleid noch Trauer“, sondern „ein jähes Drängen körperlicherMütterlichkeit.“ (W. S. 66) Der Mutterinstinkt n<strong>im</strong>mt den Charakter einer unbewussten,triebhaften Kraft an, die sich der Frau bemächtigt und ihre Handlungen bedingt. Diephysische Erfahrung der Schwangerschaft wird zu einem fast mystischen Erlebnis, inwelchem der Tod zu einem notwendigen Bestandteil des Lebens erwächst. Die Nähe253 <strong>Ina</strong> Seidel: Das Wunschkind. Stuttgart / Berlin 1930. S. 967. Bei Zitaten aus dem Roman wird <strong>im</strong>laufenden Text die Seitennummer mit der Sigle W in Klammern angegeben.254Vgl.: Josef Cornelissen: Cornelia von Cornelius?! In: Vom Namen Cornelius/Cornelissen. (Datum des Zugriffs: 10.02.2008). Der Name Corneliescheint nicht zufällig zu sein: wie man bei Kopaliński nachlesen kann, war die <strong>im</strong> antiken Rom wirklichlebende Cornelie die Mutter von zwölf Kindern. Die literarische Tradition habe aus ihr das Muster derrömischen Matrone und das ideale Bild der Ehefrau und Mutter gemacht, die in sich alle Tugenden einerPatrizierin vereinigt. (Władysław Kopaliński: Słownik mitów i tradycji kultury. Warszawa 1985. S. 521f.)

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!