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Frauenbilder im Prosawerk Ina Seidels

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1263.1.2 Hingabe und Auflehnung3.1.2.1 Justine aus Das LabyrinthJustine Forster ist die Mutter George Forsters aus dem Roman Das Labyrinth(1922), die Gattin Reinhold Forsters, des Pastors und weltberühmten Forschers. Im Textkommt ihr die Funktion einer Nebengestalt zu, von Anfang an steht sie auch <strong>im</strong> Schattenihres Mannes.Justine Forster ist zugleich der Gegensatz ihres herrischen und despotischen Gatten,der <strong>im</strong> gleichen Maße seine Frau wie die eigenen Kinder, insbesondere seinen Sohn, GeorgForster, tyrannisiert. Sie ist der Inbegriff der mütterlichen Liebe, Wärme, Zärtlichkeit unddie nötige Stütze für ihre fünf Kinder. Trotzdem spielt sie in der Pastorenfamilie eineuntergeordnete Rolle und ist ihrem Mann hörig. Die Pastorenfrau vermag sich nicht gegenden Despoten in Person ihres Gatten aufzulehnen und den Sohn vor seinen überspanntenAnsprüchen zu schützen. Sie n<strong>im</strong>mt stillschweigend die Tyrannei ihres Mannes hin undfordert nicht das Recht auf Selbstbest<strong>im</strong>mung.Man sieht sie vor allem in der Küche, weinend und sich selbst überlassen, in einemZustand der Hoffnungslosigkeit und ständiger Ermüdung oder einer der häuslichenArbeiten nachgehend, die kein Ende nehmen wollen. Die häusliche Sphäre wird zu einerfesten Komponente ihres Bildes:„und seine [Georges] Liebe hatte sich […] mit zunehmender Sehnsucht auf die Muttergerichtet und damit unbewußt auf ein Leben der Geborgenheit und in friedlicher, reinlicherHäuslichkeit.“ 300Obwohl sie die Hüterin des Hauses ist, bedeutet das nicht, dass sie auch zur „Seele derFamilie“ wird – dieser Aufgabe, die Gertrud Bäumer der Mutter zusprach 301 , wird JustineForster nicht gerecht. Diese Stellung innerhalb der Familie ist für sie keine Auszeichnung:vielmehr führt sie ihre Herabsetzung und Unterwerfung herbei. Justine Forster ist nicht derInbegriff des häuslichen Glücks, weil die häusliche Sphäre zum Ort der weiblichenVersklavung und Hilflosigkeit wird: der einzige Herrscher ist zu Hause der Mann, die Frau300 <strong>Ina</strong> Seidel: Das Labyrinth. Lebensroman des George Forster. Ungekürzte Ausgabe. Frankfurt / Main,Berlin, Wien 1983, S. 72. Bei Zitaten aus dem Roman wird <strong>im</strong> laufenden Text die Seitennummer mit derSigle L in Klammern angegeben.301 Vgl. das Kapitel zu H. Lange und G. Bäumer.

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